Dieser umfassende Leitfaden erklärt, wie Ärztinnen und Ärzte zwischen harmlosen und möglicherweise bösartigen Schilddrüsenknoten unterscheiden. Schilddrüsenknoten sind sehr häufig und finden sich bei bis zu 67 % der Erwachsenen, doch nur 7–15 % davon sind bösartig. Die Diagnostik stützt sich auf eine Kombination aus körperlicher Untersuchung, einem Bluttest für das Schilddrüsen-stimulierende Hormon (TSH), einer Schilddrüsenultraschalluntersuchung und gegebenenfalls einer Feinnadelaspirationsbiopsie (FNAB). Neue Leitlinien helfen dabei, Knoten anhand ihres Ultraschallbildes zu kategorisieren, um das Krebsrisiko einzuschätzen und die beste Vorgehensweise zu bestimmen – für die meisten Patientinnen und Patienten bedeutet das eine regelmäßige Kontrolle statt einer sofortigen Operation.
Ein Patientenleitfaden zum Verständnis von Schilddrüsenknoten: Gutartig vs. Bösartig
Inhaltsverzeichnis
- Hintergrund: Was sind Schilddrüsenknoten?
- Untersuchung: Die ersten Schritte in der Arztpraxis
- Laboruntersuchungen: Die entscheidenden Blutwerte
- Bildgebung: Ultraschall und andere Scans
- Die Feinnadelaspirationsbiopsie (FNAB)
- Behandlung: Was Ihre Ergebnisse bedeuten
- Besondere Überlegungen für Kinder und Schwangerschaft
- Fazit und Kernaussagen
- Quelleninformationen
Hintergrund: Was sind Schilddrüsenknoten?
Schilddrüsenknoten sind kleine, abgegrenzte Verhärtungen, die sich in der Schilddrüse an der Basis des Halses bilden. Sie sind sehr häufig. Bei einer Untersuchung kann ein Arzt sie bei etwa 4–7 % der Menschen ertasten. Mit empfindlichen bildgebenden Verfahren wie Ultraschall lassen sie sich jedoch bei bis zu 67 % der Erwachsenen nachweisen.
Die überwiegende Mehrheit dieser Knoten ist gutartig. Dennoch besteht bei 7–15 % der Erwachsenen das Risiko, dass ein Knoten bösartig sein könnte. Aufgrund ihrer Häufigkeit haben Ärztinnen und Ärzte klare, evidenzbasierte Leitlinien entwickelt, um sie angemessen zu bewerten und so sowohl übersehene Diagnosen als auch unnötige Eingriffe zu vermeiden.
Es gibt verschiedene Arten von Schilddrüsenknoten. Sie können nicht-neoplastisch sein, also keine echten Tumore darstellen, oder neoplastisch, was bedeutet, dass es sich um Wucherungen handelt, die entweder gutartig oder bösartig sein können.
- Nicht-neoplastische Knoten: Dazu gehören hyperplastische Knoten (übermäßiges Wachstum von normalem Gewebe), Kolloidknoten, entzündliche Knoten und Zysten (die fast immer gutartig sind).
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Neoplastische (tumoröse) Knoten:
- Gutartig: Follikuläres Adenom.
- Bösartig: Papilläres Karzinom, Follikuläres Karzinom, Medulläres Karzinom, Anaplastisches Karzinom, Lymphom oder Metastasen eines anderen Krebses.
Untersuchung: Die ersten Schritte in der Arztpraxis
Viele Schilddrüsenknoten werden zufällig entdeckt, wenn ein Scan aus einem anderen Grund durchgeführt wird. Andere fallen auf, weil Sie oder Ihr Arzt eine Beule am Hals bemerken. Größere Knoten können manchmal Symptome wie Kurzatmigkeit (Dyspnoe), ein Kloßgefühl im Hals (Globusgefühl) oder Schluckbeschwerden (Dysphagie) verursachen.
Ihr Arzt wird eine gründliche Anamnese erheben und eine körperliche Untersuchung durchführen. Dabei fragt er nach wichtigen Risikofaktoren wie einer Bestrahlung im Kopf- oder Halsbereich in der Kindheit, die die Wahrscheinlichkeit für einen bösartigen Knoten erhöht. Auch die Familienanamnese ist relevant, da bestimmte seltene genetische Syndrome eine Veranlagung für Schilddrüsenkrebs bedeuten können.
Während der Untersuchung tastet der Arzt Ihre Schilddrüse und die Lymphknoten im Hals ab. Er beurteilt die Größe des Knotens, seine Konsistenz und ob er sich beim Schlucken bewegt. Ein fester, unbeweglicher Knoten oder geschwollene Lymphknoten auf derselben Seite können auf Krebs hindeuten und erfordern eine umgehende weitere Abklärung.
Laboruntersuchungen: Die entscheidenden Blutwerte
Der wichtigste Bluttest ist der für das Schilddrüsen-stimulierende Hormon (TSH). Er sollte bei jeder Patientin und jedem Patienten mit einem vermuteten oder zufällig gefundenen Schilddrüsenknoten durchgeführt werden. Die meisten haben normale TSH-Werte, was bedeutet, dass ihre Schilddrüse normal funktioniert (euthyreot).
Ein supprimierter (niedriger) TSH-Wert deutet auf einen hyperfunktionellen ("überaktiven") Knoten hin. Für Patientinnen und Patienten ist entscheidend, dass diese Knoten ein äußerst geringes Krebsrisiko bergen. Bei niedrigem TSH wird Ihr Arzt Sie zur weiteren Abklärung an einen Endokrinologen überweisen.
Wichtig zu wissen: Bestimmte Tests sind routinemäßig nicht hilfreich. Der Serum-Thyreoglobulin-Spiegel ist weder sensitiv noch spezifisch für die Krebserkennung und sollte nicht zur Erstbewertung angeordnet werden. Ein Serum-Calcitoningehalt wird nur bei Verdacht auf ein medulläres Schilddrüsenkarzinom bestimmt.
Bildgebung: Ultraschall und andere Scans
Die Sonographie ist der wichtigste bildgebende Test für Schilddrüsenknoten. Hochauflösende Geräte sind sehr empfindlich und können Knoten von nur 1–3 mm Größe erkennen. Alle Patientinnen und Patienten mit einem vermuteten Knoten sollten eine Schilddrüsen- und Halsultraschalluntersuchung erhalten. Dieser Test liefert detaillierte Informationen über die Größe des Knotens und vor allem seine sonographischen Merkmale, die zur Einschätzung des Krebsrisikos herangezogen werden.
Nach den Leitlinien der American Thyroid Association (ATA) von 2015 werden Knoten in fünf Risikogruppen eingeteilt. Dies hilft Ärztinnen und Ärzten zu entscheiden, ob eine Biopsie erforderlich ist. Die Ultraschallmerkmale mit der höchsten Spezifität für Krebs sind Mikroverkalkungen (winzige weiße Punkte), unregelmäßige Ränder (ausgefranste Kanten) und eine "höher als breit" Form.
Klassifikation von Schilddrüsenknoten und Malignitätsrisiko:
- Benignes Muster: Rein zystische Knoten. Malignitätsrisiko: <1 %. Maßnahme: Keine Biopsie erforderlich.
- Sehr geringer Verdacht: Schwammartige oder teilweise zystische Knoten. Malignitätsrisiko: <3 %. Maßnahme: Überwachung oder Biopsie bei ≥2 cm.
- Geringer Verdacht: Solide, isoechogene oder hyperechogene Knoten oder teilweise zystische Knoten mit exzentrischen soliden Arealen. Malignitätsrisiko: 5–10 %. Maßnahme: Biopsie empfohlen bei ≥1,5 cm.
- Mittlerer Verdacht: Solide, hypoechogene Knoten mit glatten Rändern. Malignitätsrisiko: 10–20 %. Maßnahme: Biopsie empfohlen bei ≥1 cm.
- Hoher Verdacht: Solider hypoechogener Knoten mit unregelmäßigen Rändern, Mikroverkalkungen, höher-als-breit-Form oder anderen besorgniserregenden Merkmalen. Malignitätsrisiko: 70–90 %. Maßnahme: Biopsie empfohlen bei ≥1 cm.
Die Radionuklidbildgebung (Schilddrüsenscan) ist kein Routinetest. Sie wird nur bei Patientinnen und Patienten mit niedrigem TSH-Wert eingesetzt. In Australien wird häufig Technetium-99m-Pertechnetat (99m Tc) verwendet, um "heiße" (überaktive) Knoten zu identifizieren.
Die Feinnadelaspirationsbiopsie (FNAB)
Bei einer FNAB wird eine sehr dünne Nadel verwendet, um Zellen aus dem Schilddrüsenknoten zu entnehmen. Das Verfahren hat die Anzahl unnötiger Schilddrüsenoperationen erheblich reduziert. Bei erfahrener Durchführung beträgt die diagnostische Genauigkeit etwa 95 %.
Die Entscheidung für eine Biopsie hängt vom Ultraschallbild und der Größe des Knotens ab. Beispielsweise würde ein 1,2 cm großer Knoten mit Merkmalen eines "hohen Verdachts" eine Biopsie erfordern, während ein 1,8 cm großer Knoten mit "sehr geringem Verdacht" möglicherweise nur überwacht wird.
Alle Biopsieergebnisse werden nach dem Bethesda-System in eine von sechs Kategorien eingeteilt, jede mit einem associated Krebsrisiko.
- Nicht-diagnostisch/Unbefriedigend (5-10 % der Proben): Die Probe enthielt nicht genug Zellen. Krebsrisiko: 5-10 %. Maßnahme: Die Biopsie muss meist wiederholt werden.
- Benigne (55-75 % der Proben): Die Zellen sehen normal aus. Krebsrisiko: 0-3 %. Maßnahme: Überwachung mit Ultraschall, keine Operation erforderlich.
- Atypie unklarer Signifikanz (AUS)/Follikuläre Läsion unklarer Signifikanz (FLUS) (2-18 % der Proben): Die Zellen sind nicht eindeutig normal oder krebsartig. Krebsrisiko: 10-30 %. Maßnahme: Überweisung an einen Endokrinologen; oft ist eine Wiederholungsbiopsie oder molekulare Testung erforderlich.
- Follikuläres Neoplasma/Verdacht auf follikuläres Neoplasma (FN/SFN) (2-25 % der Proben): Die Zellen sehen aus wie ein follikulärer Tumor, der nur nach chirurgischer Entfernung als gutartig oder bösartig diagnostiziert werden kann. Krebsrisiko: 25-40 %. Maßnahme: Überweisung an einen Chirurgen zur Besprechung der Entfernung eines Teils der Schilddrüse.
- Verdacht auf Malignität (1-6 % der Proben): Die Zellen sind hochgradig verdächtig auf Krebs. Krebsrisiko: 50-75 %. Maßnahme: Überweisung an einen erfahrenen Schilddrüsenchirurgen.
- Maligne (2-5 % der Proben): Die Zellen sind definitiv krebsartig. Krebsrisiko: 97-99 %. Maßnahme: Sofortige Überweisung an einen erfahrenen Schilddrüsenchirurgen.
Behandlung: Was Ihre Ergebnisse bedeuten
Das primäre Ziel ist es, die wenigen bösartigen Knoten korrekt zu identifizieren, um sie behandeln zu können, während unnötige Eingriffe bei den vielen gutartigen Knoten vermieden werden. Die Mehrheit der Patientinnen und Patienten erhält ein benignes FNA-Ergebnis. Diese benötigen keine Operation, aber regelmäßige Nachsorge-Ultraschallscans, um ein Wachstum des Knotens auszuschließen. Der Zeitpunkt dieser Kontrollen hängt von der ursprünglichen Ultraschall-Risikokategorie ab:
- Knoten mit hohem Verdacht: Ultraschallwiederholung in 6-12 Monaten.
- Knoten mit mittlerem oder geringem Verdacht: Ultraschallwiederholung in 12-24 Monaten.
- Knoten mit sehr geringem Verdacht (<1 cm): Diese wachsen über fünf Jahre sehr wenig und erfordern keine routinemäßige Nachsorge.
Jedes Ergebnis außer "Benigne" sollte an eine Spezialistin oder einen Spezialisten überwiesen werden – entweder einen Endokrinologen oder einen Schilddrüsenchirurgen. Dies ist besonders wichtig für unbestimmte Ergebnisse (Bethesda-Kategorien III und IV), deren Management komplex sein kann. Maligne oder verdächtige Ergebnisse erfordern die direkte Überweisung an eine erfahrene Schilddrüsenchirurgin oder einen erfahrenen Schilddrüsenchirurgen, da die Expertise direkt mit besseren Behandlungsergebnissen zusammenhängt.
Viele Knoten werden zufällig auf Scans wie CT oder MRT entdeckt, die aus anderen Gründen durchgeführt werden (sogenannte Inzidentalome). Diese Knoten bergen das gleiche Krebsrisiko wie solche, die bei einer Untersuchung gefunden werden, und sollten mit Ultraschall abgeklärt werden. Kleine Inzidentalome, die nicht die Größenkriterien für eine Biopsie erfüllen, können einfach überwacht werden. Besondere Aufmerksamkeit gilt Knoten, die auf FDG-PET-Scans auffallen, da sich etwa 35 % davon als bösartig erweisen. Daher wird eine Biopsie für alle empfohlen, die größer als 1 cm sind.
Besondere Überlegungen für Kinder und Schwangerschaft
Schilddrüsenknoten bei Kindern: Obwohl bei Kindern seltener tastbar (in 1,8–5,1%), weisen Schilddrüsenknoten in dieser Altersgruppe ein deutlich höheres Risiko für Bösartigkeit auf. Die Gesamtmalignitätsrate bei Kindern liegt bei etwa 26 %, verglichen mit 5–10 % bei Erwachsenen. Die Abklärung ist ähnlich, aber aufgrund der geringeren Körpergröße von Kindern basiert die Entscheidung für eine Biopsie stärker auf den Ultraschallmerkmalen als auf einer strengen Größenbegrenzung. Aufgrund des höheren Krebsrisikos führen unklare Biopsieergebnisse bei Kindern häufiger direkt zu einer Operation.
Schwangerschaft: Während der Schwangerschaft entdeckte Knoten sollten mittels TSH-Test abgeklärt werden. Bei normalem oder erhöhtem TSH-Wert kann und sollte eine Feinnadelaspirationsbiopsie (FNAB) durchgeführt werden. Die gute Nachricht ist, dass Schilddrüsenkrebs in der Schwangerschaft nicht aggressiver verläuft und die Patientinnen eine ausgezeichnete Prognose haben. Ein Gespräch mit einem Chirurgen hilft bei der Entscheidung, ob während der Schwangerschaft operiert werden soll oder bis nach der Entbindung gewartet wird.
Zusammenfassung und Kernaussagen
Schilddrüsenknoten sind extrem häufig und meist harmlos. Ein systematischer, evidenzbasierter Ansatz mit TSH-Test, Ultraschall und FNAB ermöglicht es, die wenigen behandlungsbedürftigen Knoten genau zu identifizieren. Wichtige Punkte, die Patientinnen und Patienten beachten sollten, sind:
- Sie sind nicht allein; Knoten werden bei den meisten Erwachsenen festgestellt.
- Die überwiegende Mehrheit der Knoten ist gutartig und erfordert nur Überwachung.
- Das Ultraschallbild ist entscheidend für die weitere Vorgehensweise.
- Eine Biopsie ist ein sehr genauer Test, der unnötige Operationen verhindert.
- Bei unklaren Ergebnissen oder Krebsverdacht werden Sie an eine Spezialistin oder einen Spezialisten überwiesen, die bzw. der Erfahrung in der Behandlung dieser Diagnosen hat.
Quellenangaben
Originaltitel des Artikels: Unterscheidung zwischen gutartigen und bösartigen Schilddrüsenknoten: Ein evidenzbasierter Ansatz in der Allgemeinmedizin
Autoren: Stuart Bailey, Benjamin Wallwork
Veröffentlichung: Nachdruck aus AJGP Vol. 47, NO. 11, November 2018 © The Royal Australian College of General Practitioners 2018
Hinweis: Dieser patientenfreundliche Artikel basiert auf peer-reviewter Forschung und zielt darauf ab, die ursprünglichen medizinischen Inhalte zu Bildungszwecken zu übersetzen. Er ist kein Ersatz für professionelle medizinische Beratung.