Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) betrifft etwa 25 % der erwachsenen Bevölkerung in Europa und steht in engem Zusammenhang mit Adipositas und Typ-2-Diabetes. Während eine einfache Verfettung (Steatose) häufig vorkommt, entwickeln 10–25 % der Betroffenen eine gefährliche Leberentzündung (NASH), von denen wiederum 20 % eine lebensbedrohliche Fibrose oder Zirrhose ausbilden. Zur Diagnose werden Bluttests, bildgebende Verfahren wie der Ultraschall (mit 85 % Genauigkeit bei mittelgradiger bis schwerer Verfettung) und fortschrittliche Methoden wie der FibroScan eingesetzt. Dennoch bleibt die Leberbiopsie trotz ihrer Risiken der Goldstandard. Entscheidend ist: Eine Gewichtsreduktion von 7 % durch Lebensstiländerungen kann die Lebergesundheit signifikant verbessern.
Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung verstehen: Diagnose, Risiken und Behandlung
Inhaltsverzeichnis
- Was ist NAFLD und warum ist sie wichtig
- Wie häufig ist NAFLD?
- Die Stadien der NAFLD: Von Verfettung bis zum Leberversagen
- Diagnose der NAFLD: Symptome und Bluttests
- Bildgebung zum Nachweis von Leberfett
- Erkennung gefährlicher Entzündungen (NASH)
- Nachweis von Leberfibrose (Narbenbildung)
- Wann eine Leberbiopsie notwendig ist
- Behandlung: Lebensstiländerungen als erste Maßnahme
- Was das für Patienten bedeutet
- Grenzen des aktuellen Wissens
- Handlungsempfehlungen für Patienten
- Quellen
Was ist NAFLD und warum ist sie wichtig
Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) ist die häufigste chronische Lebererkrankung in westlichen Ländern. Sie entsteht, wenn sich Fett in den Leberzellen ansammelt und mehr als 5 % des Lebergewichts ausmacht. Im Gegensatz zur alkoholischen Lebererkrankung tritt NAFLD ohne signifikanten Alkoholkonsum auf. Sie steht in engem Zusammenhang mit der globalen Adipositas- und Typ-2-Diabetes-Epidemie und wird voraussichtlich zur häufigsten Ursache für Lebertransplantationen weltweit.
Die Erkrankung verläuft in verschiedenen Stadien: anfängliche Fettansammlung (Steatose), gefolgt von Entzündung (nicht-alkoholische Steatohepatitis, NASH), Narbenbildung (Fibrose) und schließlich irreversible Schäden (Zirrhose) oder Leberkrebs. Besonders relevant: NAFLD erhöht unabhängig das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen – die häufigste Todesursache in dieser Patientengruppe –, was eine frühzeitige Diagnose und Behandlung unerlässlich macht.
Wie häufig ist NAFLD?
NAFLD betrifft etwa 25 % der europäischen Erwachsenen. Die Prävalenz steigt in Hochrisikogruppen deutlich:
- 63 % der Menschen mit Adipositas
- 50 % mit Typ-2-Diabetes
- 50 % mit Bluthochdruck oder erhöhten Cholesterinwerten
Genetische Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle. Rund 20 % der Bevölkerung tragen eine Genvariante (PNPLA3 I148M), die den Fettstoffwechsel stört und die Leberverfettung verdoppelt. Mehrere metabolische Risikofaktoren – insbesondere Adipositas, Diabetes und Bluthochdruck – erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines schweren Krankheitsverlaufs erheblich.
Die Stadien der NAFLD: Von Verfettung bis zum Leberversagen
NAFLD verläuft in typischen Stadien mit folgenden Merkmalen:
- Steatose: Harmlose Fettansammlung (>5 % der Leberzellen betroffen).
- NASH: Entzündung und Zellschädigung (tritt bei 10–25 % der Steatose-Fälle auf).
- Fibrose: Bildung von Narbengewebe (tritt bei 20 % der NASH-Patienten auf).
- Zirrhose: Schwere Vernarbung, die zu Leberversagen führen kann (betrifft einen kleinen Anteil).
Jedes Stadium birgt erhöhte Risiken: NASH führt zu Schwellung und Absterben von Leberzellen, Fibrose verursacht steifes Narbengewebe, das den Blutfluss behindern kann. Bei Zirrhose schrumpft die Leber und wird knotig, was das Risiko für Leberkrebs und Tod stark erhöht.
Diagnose der NAFLD: Symptome und Bluttests
NAFLD verläuft oft symptomlos. Die Diagnose erfordert den Nachweis von Leberfett bei Ausschluss anderer Ursachen wie starkem Alkoholkonsum oder Hepatitis. Wichtige Ansätze sind:
- Bluttests: Bei 80 % der Patienten sind die Leberenzyme normal, da die Standard-ALT-Grenzwerte (Alanin-Transaminase) zu hoch angesetzt sind. Korrigierte Obergrenzen sollten 30 IE/L für Männer und 19 IE/L für Frauen betragen.
- Metabolisches Syndrom-Screening: Ärzte prüfen auf Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck und veränderte Cholesterinwerte.
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Bewertungssysteme:
- Fatty Liver Index (nutzt BMI, Taillenumfang und Bluttriglyceride)
- NAFLD Liver Fat Score (nutzt Marker des metabolischen Syndroms und Insulinspiegel) – Werte >0,640 deuten mit 84 % Sensitivität auf eine Steatose hin
Alle Patienten benötigen ein vollständiges Leberscreening zum Ausschluss anderer Erkrankungen, einschließlich Tests auf Hepatitis, Autoimmunstörungen und Eisenüberladung.
Bildgebung zum Nachweis von Leberfett
Bildgebende Verfahren bestätigen die Fettansammlung nicht-invasiv. Die Methoden unterscheiden sich in Genauigkeit und Verfügbarkeit:
- Ultraschall: Erste Wahl mit 85 % Sensitivität bei mittelgradiger bis schwerer Verfettung (>30 % Leberfett). Einschränkungen: Übersieht milde Steatose und ist untersucherabhängig. Fortgeschrittene Techniken wie CAP (Controlled Attenuation Parameter) verbessern die Erkennung.
- CT: Erfasst mittelgradiges bis schweres Fett, belastet jedoch mit Strahlung. Weniger zuverlässig bei milden Fällen.
- MRT-Verfahren: Am genauesten. MR-Spektroskopie (MRS) und MRI-PDFF (Proton Density Fat Fraction) erkennen sogar geringe Fettmengen, sind aber teuer und zeitaufwändig.
Keine Methode ist perfekt. Ultraschall bleibt aufgrund von Sicherheit und Kosten für das Erst-Screening bevorzugt, während die MRT komplexen Fällen vorbehalten ist.
Erkennung gefährlicher Entzündungen (NASH)
Die Erkennung von NASH – also entzündlicher Leberschädigung – ist entscheidend, da sie das Fortschreiten der Erkrankung antreibt. Leider:
- Es gibt noch keinen zuverlässigen Bluttest oder bildgebenden Test für die Routine-Diagnose von NASH.
- Das Risiko steigt mit dem metabolischen Syndrom: Patienten mit Adipositas und Diabetes haben die höchste Wahrscheinlichkeit.
- Die Leberbiopsie bleibt der Goldstandard, um balloonierte Zellen und Entzündung nachzuweisen.
Neue Techniken wie multiparametrische MRT zeigen Potenzial. Der Liver Inflammation and Fibrosis (LIF)-Score kombiniert mehrere Messwerte zur Beurteilung von NASH, muss aber in großen Studien noch validiert werden.
Nachweis von Leberfibrose (Narbenbildung)
Das Stadium der Fibrose ist entscheidend, da fortgeschrittene Narbenbildung (Stadien F3–F4) das Risiko für Leberversagen und Tod stark erhöht. Nicht-invasive Optionen sind:
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Blutbasierte Scores:
- NAFLD Fibrosis Score: >0,676 deutet auf fortgeschrittene Fibrose hin
- FIB-4 Score: >2,67 weist auf schwere Narbenbildung hin
- ELF-Test (Enhanced Liver Fibrosis): ≥10,51 signalisiert fortgeschrittene Erkrankung
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Bildgebende Verfahren:
- FibroScan (transiente Elastographie): >7,6 kPa deutet auf Fibrose hin; >13 kPa auf Zirrhose
- ARFI (acoustic radiation force impulse): 1,63 m/s = Fibrose; 1,94 m/s = Zirrhose
Adipositas mindert die Genauigkeit des FibroScan – die Ausfallrate steigt von 1 % bei BMI<25 auf 42 % bei BMI>40. Alle Tests haben Schwierigkeiten mit „Grauzonen“-Ergebnissen, die alle 2–3 Jahre wiederholte Kontrollen erfordern.
Wann eine Leberbiopsie notwendig ist
Trotz ihrer Nachteile bleibt die Biopsie in bestimmten Situationen unverzichtbar:
- Bei diagnostischer Unsicherheit (z.B. auffällige Befunde ohne klare Ursache)
- Bei hohem Fibrose-Risiko, wenn nicht-invasive Tests nicht aussagekräftig sind
- Zur Überwachung des Therapieerfolgs in klinischen Studien
Biopsien erfassen nur ~1/50.000 der Leber, riskieren falsch-negative Ergebnisse. Sie sind invasiv, teuer und für wiederholte Kontrollen ungeeignet.
Behandlung: Lebensstiländerungen als erste Maßnahme
Gewichtsabnahme ist der zentrale Baustein der NAFLD-Therapie:
- Eine Gewichtsreduktion um 7 % verbessert nachweislich die Leberhistologie – reduziert Fett, Entzündung und balloonierte Zellen.
- Die Vorteile gehen über die Leber hinaus: bessere Blutzuckerkontrolle, niedrigerer Blutdruck und verbesserte Cholesterinwerte.
Bisher sind keine Medikamente spezifisch für NAFLD von der FDA zugelassen, obwohl Diabetesmedikamente wie GLP-1-Agonisten helfen können. Klinische Studien konzentrieren sich auf Wirkstoffe gegen NASH, aber Lebensstiländerungen bleiben die bewährte Erstlinientherapie.
Was das für Patienten bedeutet
Bei Adipositas, Diabetes oder metabolischem Syndrom sollte ein NAFLD-Screening erfolgen – selbst bei normalen Leberwerten. Früherkennung verhindert das Fortschreiten:
- Fibrose-Staging ist entscheidend: Fortgeschrittene Narbenbildung erfordert spezialisierte Betreuung und Krebsvorsorge.
- Herz-Kreislauf-Risiken sind hoch: NAFLD erhöht unabhängig das Risiko für Herzerkrankungen und Schlaganfall.
- Gewichtsabnahme wirkt: Moderate Reduktion (5–10 % des Körpergewichts) verbessert die Prognose signifikant.
Grenzen des aktuellen Wissens
Wichtige Wissenslücken in der NAFLD-Versorgung bleiben:
- Es fehlt ein validierter nicht-invasiver Test für NASH, was die Abhängigkeit von Biopsien verstärkt.
- Bewertungssysteme (FIB-4, NAFLD Fibrosis Score) liefern bei 25–30 % der Patienten unklare Ergebnisse.
- Die Genauigkeit der Bildgebung sinkt bei Adipositas: FibroScan versagt bei 42 % der Patienten mit BMI>40.
- Genetische Risiken werden zu wenig genutzt: PNPLA3-Tests sind noch nicht Routine.
Handlungsempfehlungen für Patienten
Basierend auf der Forschung sollten Patienten:
- Ein Screening anfordern, bei Adipositas, Diabetes oder metabolischem Syndrom – auch ohne Symptome.
- Gewichtsabnahme priorisieren: Ziel von 7–10 % Gewichtsreduktion durch Ernährung und Bewegung.
- Auf Fibrose-Staging bestehen: Nach FIB-4, ELF oder FibroScan zur Risikobewertung fragen.
- Metabolische Abklärung vervollständigen: Blutzucker, Blutdruck und Cholesterin aktiv managen.
- Biopsie besprechen, wenn Tests unklar sind oder auf fortgeschrittene Erkrankung hindeuten.
Quellen
Originaltitel: Diagnosis and management of non-alcoholic fatty liver disease
Autoren: Erica Jennison, Janisha Patel, Eleonora Scorletti, Christopher D Byrne
Journal: Postgraduate Medical Journal (2019;95:314-322)
DOI: 10.1136/postgradmedj-2018-136316
Dieser patientenfreundliche Artikel basiert auf peer-reviewter Forschung.