Dr. Marc Lippman, ein führender Experte für die Behandlung von Brustkrebs, erläutert die Auswahl von Aromatasehemmern. Er geht detailliert auf die fehlenden klinischen Unterschiede zwischen steroidalen und nicht-steroidalen Typen ein. Zudem diskutiert er die Grenzen aktueller Selektiver Östrogenrezeptor-Degrader (SERDs) wie Fulvestrant und hebt das Potenzial neuer oraler SERDs hervor, die sich derzeit in fortgeschrittenen klinischen Studien befinden. Das Gespräch thematisiert auch die erheblichen Herausforderungen bei der Durchführung groß angelegter adjuvanter und präventiver Studien im Bereich Brustkrebs.
Auswahl von Aromatasehemmern und SERDs der nächsten Generation bei Brustkrebs
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- Aromatasehemmer-Typen und Auswahl
- Vergleich der klinischen Wirksamkeit
- Herausforderungen und Einschränkungen von Fulvestrant
- Entwicklung und Potenzial oraler SERDs
- Klinische Studienlandschaft und Zukunftsperspektiven
- Herausforderungen in der adjuvanten Therapie
- Vollständiges Transkript
Aromatasehemmer-Typen und Auswahl
Dr. Marc Lippman, MD, erläutert, dass Aromatasehemmer in der Brustkrebsbehandlung in zwei Haupttypen unterteilt werden. Typ eins umfasst steroidale, irreversible Hemmer wie Exemestan. Typ zwei umfasst nicht-steroidale, reversible Hemmer, darunter Anastrozol und Letrozol. Diese Medikamente blockieren die Östrogenproduktion bei postmenopausalen Frauen mit hormonrezeptorpositivem Brustkrebs.
Vergleich der klinischen Wirksamkeit
Laut Dr. Marc Lippman, MD, zeigen randomisierte klinische Studien keine signifikanten Unterschiede zwischen den Aromatasehemmer-Typen. Er betont, dass diese Medikamente im Wesentlichen kreuzresistent und gleich wirksam in der Brustkrebsbehandlung sind. Zwar berichten manche Patientinnen über unterschiedliche Nebenwirkungen bei verschiedenen Hemmern, doch die klinischen Ergebnisse bleiben vergleichbar. Die Wahl zwischen den Medikamenten hängt daher oft von der individuellen Verträglichkeit ab und nicht von Wirksamkeitsunterschieden.
Herausforderungen und Einschränkungen von Fulvestrant
Dr. Marc Lippman, MD, erörtert den derzeit einzigen verfügbaren Selektiven Östrogenrezeptor-Degrader (SERD) für metastasierenden Brustkrebs. Fulvestrant muss monatlich intramuskulär injiziert werden, was für Patientinnen unangenehm sein kann. Zudem stellt die Pharmakologie erhebliche Herausforderungen dar, um wirksame Medikamentenspiegel zu erreichen. Fulvestrant operiert an der Grenze wirksamer Konzentrationen, was eine optimale Dosierung erschwert.
Entwicklung und Potenzial oraler SERDs
Die Entwicklung oraler Selektiver Östrogenrezeptor-Degrader markiert einen bedeutenden Fortschritt in der Brustkrebsbehandlung. Dr. Marc Lippman, MD, zeigt sich begeistert von diesen neuen Wirkstoffen, die potenter als Fulvestrant zu sein scheinen. Erste Daten deuten darauf hin, dass orale SERDs auch bei Patientinnen wirken könnten, bei denen Fulvestrant versagt hat. Diese neuen Medikamente befinden sich derzeit in fortgeschrittenen klinischen Studien und könnten bald die FDA-Zulassung erhalten.
Klinische Studienlandschaft und Zukunftsperspektiven
Dr. Marc Lippman, MD, beschreibt laufende klinische Studien, die orale SERDs mit CDK4/6-Hemmern kombinieren. Dieser Ansatz könnte einen wichtigen Fortschritt in der Behandlung von metastasierendem Brustkrebs bedeuten. Die natürliche Entwicklung von Krebstherapien verläuft typischerweise von metastasierenden zu adjuvanten Anwendungen. Forscher erwägen auch SERDs für mögliche Brustkrebspräventionsstudien, obwohl diese erhebliche Herausforderungen mit sich bringen.
Herausforderungen in der adjuvanten Therapie
Dr. Marc Lippman, MD, betont die Schwierigkeiten bei Studien zur adjuvanten Therapie bei frühem Brustkrebs. Patientinnen mit mammografisch entdecktem T1N0-Brustkrebs haben unter standardmäßiger endokriner Therapie ausgezeichnete Ergebnisse. Nur etwa 10% von ihnen erleiden innerhalb von fünf Jahren ein Rezidiv. Um diese Ergebnisse zu verbessern, müssten Zehntausende Frauen behandelt und über lange Zeiträume nachbeobachtet werden, was solche Studien extrem teuer und zeitaufwändig macht. Dr. Anton Titov, MD, moderiert diese Diskussion über die praktischen Herausforderungen in der Brustkrebsforschung.
Vollständiges Transkript
Dr. Marc Lippman, MD: Aromatasehemmer lassen sich in zwei Typen einteilen. Exemestan gehört zu Typ eins, es ist ein steroidaler, irreversibler Aromatasehemmer. Anastrozol und Letrozol sind Beispiele für Typ zwei, nicht-steroidale, reversible Aromatasehemmer.
Dr. Anton Titov, MD: Wie wählt man die richtigen Aromatasehemmer für eine bestimmte Brustkrebspatientin aus?
Dr. Marc Lippman, MD: Es macht überhaupt keinen Unterschied. Bei den Aromatasehemmern ist es egal. Das ist ein Fall von Marketing der Pharmafirmen, die versuchen, ein Medikament gegen das andere zu loben, nur weil sie zwei im Portfolio haben. Randomisierte Studien eines Aromatasehemmers gegen einen anderen zeigen keine Unterschiede.
Meiner Ansicht nach sind Aromatasehemmer fast vollständig kreuzresistent. Selten sagt eine Patientin: "Dieses Medikament lässt mich schrecklich fühlen. Ich möchte ein anderes probieren." Manchmal, ob aus Glück, psychologischen Gründen oder aufgrund geringfügiger pharmakologischer Unterschiede, kann der Wechsel von einem Aromatasehemmer zum anderen funktionieren. Dennoch sind sie nahezu gleich wirksam.
Derzeit gibt es nur einen SERD: den Selektiven Östrogenrezeptor-Degrader Fulvestrant. Die Anwendung ist schwierig, weil es einmal monatlich intramuskulär in den Gesäßmuskel injiziert werden muss, was unangenehm ist.
Das Hauptproblem bei Fulvestrant ist jedoch seine Pharmakologie: Man arbeitet wirklich an der Grenze wirksamer Konzentrationen. Es ist sehr schwierig, genug Wirkstoff in die Patientinnen zu bekommen.
Es gibt neueste Studien zu oralen Selektiven Östrogenrezeptor-Degradern. Orale SERDs sind potenter. Es zeigt sich, dass viele SERDs bei Patientinnen wirken, bei denen Fulvestrant versagt hat oder die unter Fulvestrant progrediert sind. Alle sind begeistert von SERDs. Ich bin sehr begeistert von Selektiven Östrogenrezeptor-Degradern.
Es bleibt abzuwarten, wie sie Fulvestrant ersetzen werden. Vielleicht werden sie First-Line-Medikamente. Die diskutierten Studien laufen mit CDK4/6-Hemmern. Das könnte ein sehr wichtiger Schritt nach vorn in der wirksameren Behandlung von Brustkrebspatientinnen sein.
Ich würde lieber keine Handelsnamen oraler SERDs nennen, da sie sich noch in der Entwicklung befinden. Aber die neuesten oralen SERDs waren bereits in randomisierten klinischen Studien. Ich vermute, sie stehen kurz vor der FDA-Zulassung. Ich denke, Zulassungen in diesem Frühjahr oder Sommer sind für mindestens einen der oralen Selektiven Östrogenrezeptor-Degrader wahrscheinlich.
Selektive Östrogenrezeptor-Degrader werden oft bei metastasierendem Brustkrebs eingesetzt. Wie ich heute mehrmals in unserer Diskussion gesagt habe, ist die natürliche Entwicklung von Krebstherapien, sie sofort in der adjuvanten Chemotherapie anzuwenden. Und ich nehme an, man erwägt sogar SERDs in Brustkrebspräventionsstudien.
Aber niemand möchte Präventionsstudien durchführen. Sie sind zu teuer, zu kostspielig, mit zu vielen Nachteilen. Pharmafirmen haben große Angst vor Präventionsstudien. Das ist bedauerlich, aber es ist die Wahrheit.
Das Problem mit adjuvanten Chemotherapiestudien bei Brustkrebs ist gute Nachrichten. Die gute Nachricht ist: Nimmt man Patientinnen mit frühem Brustkrebs – obwohl sie über Jahrzehnte rezidivieren können –, konkret Frauen mit mammografisch entdecktem T1N0-Brustkrebs, setzt sie auf standardmäßige endokrine Therapie, werden nicht mehr als 10% von ihnen innerhalb von fünf Jahren rezidivieren.
Wenn man also versucht, dieses Ergebnis zu verbessern, denke man an die Zehntausende Frauen, die man behandeln müsste. Denke man daran, wie lange man diese Patientinnen nachverfolgen müsste. Die Daten werden also sehr langsam kommen und sehr teuer zu beschaffen sein.