Behandlung von kolorektalem Karzinom in der Ukraine

Behandlung von kolorektalem Karzinom in der Ukraine

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Dr. Nelya Melnitchouk, MD, eine führende Expertin für Behandlungsergebnisse bei kolorektalem Karzinom, beleuchtet die drängenden Herausforderungen im ukrainischen Krebsversorgungssystem. Sie verweist auf eine alarmierende Ein-Jahres-Mortalitätsrate von 30–40 % bei Darmkrebspatienten. Als Hauptprobleme benennt sie unzureichendes Staging, mangelhafte Lymphknotenentfernung und das Fehlen eines nationalen Screening-Programms. Dr. Melnitchouk fordert systematische Verbesserungen in der Diagnostik, chirurgischen Pathologie und Prävention, um Leben zu retten und Kosten zu senken.

Verbesserung der Überlebensraten und Behandlungsstandards bei kolorektalem Karzinom

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Hohe Mortalität bei kolorektalem Karzinom in der Ukraine

Dr. Nelya Melnitchouk, MD, präsentiert alarmierende Daten zu Behandlungsergebnissen bei kolorektalem Karzinom in der Ukraine. Ihre Forschung zeigt, dass 30–40 % der Patienten innerhalb eines Jahres nach der Diagnose versterben. Diese Überlebensstatistik fällt deutlich schlechter aus als in Ländern mit hohem Einkommen wie den USA.

Dr. Melnitchouk bezeichnet diese Mortalitätsrate als „inakzeptabel“ und „erschütternd“. Im Vergleich dazu liegt in den USA die Fünfjahresüberlebensrate bei kolorektalem Karzinom – über alle Stadien gemittelt – bei etwa 70 %. Dieser eklatante Unterschied unterstreicht den dringenden Bedarf an systemischen Verbesserungen in der onkologischen Versorgung der Ukraine.

Tumorstadienbestimmung und diagnostische Defizite

Als Hauptursache für die schlechten Behandlungsergebnisse identifiziert Dr. Melnitchouk eine unzureichende Tumorstadienbestimmung. Die meisten ukrainischen Patienten erhalten keine adäquate bildgebende Diagnostik, darunter essentielle CT-Untersuchungen von Thorax, Abdomen und Becken zum Nachweis von Metastasen.

Ohne umfassende Bildgebung lässt sich das Ausmaß der Krebsausbreitung nicht genau bestimmen. Diese diagnostische Lücke führt zu unangemessener Therapieplanung. Eine korrekte Stadienbestimmung ist laut Dr. Melnitchouk grundlegend, um für die individuelle Tumorsituation jedes Patienten die richtige Therapie auszuwählen.

Bedeutung der Lymphknotenbeurteilung

Dr. Melnitchouk betont die kritische Rolle der Lymphknotenbeurteilung bei Operationen des kolorektalen Karzinoms. In ukrainischen pathologischen Befunden fehlen oft Angaben zur Anzahl untersuchter Lymphknoten – eine erhebliche Qualitätslücke in der Krebsversorgung.

Der chirurgische Standard erfordert die Entfernung von mindestens 12 Lymphknoten, um eine genaue Detektion von Lymphknotenmetastasen zu gewährleisten. Patienten mit tumorbefallenen Lymphknoten benötigen eine adjuvante Chemotherapie, während Patienten mit negativen Lymphknoten eine unnötige Behandlung vermeiden können. Eine unzureichende Lymphknotenentnahme führt sowohl zur Unter- als auch zur Überbehandlung.

Koloskopie-Screening und Prävention

Dr. Melnitchouk plädiert für die Einführung eines nationalen Screening-Programms für kolorektales Karzinom in der Ukraine. Sie empfiehlt eine Koloskopie alle zehn Jahre ab dem 50. Lebensjahr als effektive Strategie. Alternative Screening-Methoden umfassen den fäkalen Okkultbluttest und die virtuelle Koloskopie (CT-Kolonographie).

Ihre Kosten-Nutzen-Analyse zeigt, dass Screening nicht nur Leben rettet, sondern auch Kosten spart. Die Früherkennung ermöglicht weniger invasive Behandlungen und verhindert die Krebsentstehung durch Entfernung präkanzeröser Polypen. Sie räumt die Herausforderung der Patiententeilnahme ein, betont jedoch, dass Prävention der kosteneffektivste Ansatz zur Reduzierung der Krankheitslast ist.

Systemische Herausforderungen und Lösungen

Dr. Melnitchouk identifiziert multiple systemische Barrieren für eine qualitativ hochwertige Krebsversorgung in der Ukraine. Zwar seien ukrainische Chirurgen gut ausgebildet, doch fehle es am Zugang zu internationalen Versorgungsstandards. Das angeschlagene Gesundheitssystem leide unter erheblichen finanziellen Zwängen, die die Behandlungsverfügbarkeit beeinträchtigen.

Sie empfiehlt die Übernahme standardisierter klinischer Leitlinien, ähnlich den in den USA verwendeten NCCN-Leitlinien, sowie eine bessere interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Chirurgen, Onkologen und Pathologen. Als Vorbild für die Ukraine verweist sie auf die überlegenen Ergebnisse der Tumorstadienbestimmung in Polen – systemische Verbesserungen seien durch ordnungsgemäße Implementierung erreichbar.

Vollständiges Transkript

Dr. Anton Titov, MD: Sie forschen zu Behandlungsergebnissen und internationaler Gesundheit und untersuchen chirurgische Ergebnisse in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen. Ihre Forschung zu kolorektalem Karzinom in der Ukraine ist sehr interessant. Was haben Sie aus der Untersuchung von Krebsbehandlungsergebnissen in internationalen Settings gelernt? Welchen Rat würden Sie Patienten geben, um eine bessere medizinische und chirurgische Krebsbehandlung zu erhalten?

Dr. Nelya Melnitchouk, MD: Vielen Dank für diese Frage. Dies ist ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt. Ich habe Behandlungsergebnisse bei kolorektalem Karzinom in der Ukraine untersucht. Leider versterben 30 bis 40 Prozent der Patienten innerhalb eines Jahres nach der Diagnose. Das ist wirklich inakzeptabel.

In den USA betrachten wir nicht einmal das Einjahresüberleben bei Kolon- und Rektumkarzinom, sondern das Fünfjahresüberleben. Dieses liegt in den USA bei etwa 70 % – natürlich abhängig vom Krebsstadium, aber gemittelt über alle Stadien. Eine Mortalität von 30–40 % innerhalb eines Jahres in der Ukraine ist einfach erschütternd.

Wir haben genauer untersucht, warum die Krebssterblichkeit in der Ukraine so hoch ist. Dabei zeigte sich, dass die meisten Patienten keine ordnungsgemäße Tumorstadienbestimmung erhalten. Das heißt, sie bekommen keine CT-Untersuchungen von Thorax, Abdomen und Becken zum Nachweis von Metastasen.

Hinzu kommt: Auch pathologische Befunde enthalten keine Informationen über die Anzahl der während der Operation entfernten Lymphknoten. Das ist in der Krebschirurgie entscheidend. Um kolorektales Karzinom angemessen zu behandeln, muss man wissen, ob Lymphknoten befallen sind oder nicht.

Für eine korrekte Stadienbestimmung müssen mindestens 12 Lymphknoten untersucht werden. Nur dann kann der Pathologe beurteilen, ob Lymphknoten metastatisch befallen sind. Patienten mit befallenen Lymphknoten benötigen eine Chemotherapie. Sind die Lymphknoten tumorfrei, kann auf eine Chemotherapie verzichtet werden – mit gewissen Nuancen, über die man diskutieren kann.

Werden nur drei Lymphknoten entfernt und alle sind tumorfrei, ist das wenig aussagekräftig – möglicherweise wurden positive Lymphknoten übersehen. Daher ist es entscheidend, während der Operation mindestens 12 Lymphknoten zu entnehmen, damit der Pathologe sie auf Metastasen untersuchen kann. Das ist eine zentrale Maßnahme nach der Operation.

Es gibt mehrere Ansätze, die Behandlungsergebnisse in der Ukraine zu verbessern. Ärzte sollten ein nationales Screening-Programm für kolorektales Karzinom starten. Es gibt verschiedene Screening-Methoden: die optische Koloskopie alle 10 Jahre, fäkale Okkultbluttests und andere.

Wir haben die Durchführung einer Koloskopie alle 10 Jahre untersucht. Ein solches Screening ab dem 50. Lebensjahr kann nicht nur Leben retten, sondern auch Kosten sparen. Unsere Kosten-Nutzen-Analyse zeigt: Durch Früherkennung kann die Erkrankung oft nur chirurgisch behandelt werden, ohne teure Chemotherapie. Screening kann kolorektales Karzinom sogar verhindern, indem präkanzeröse Polypen entfernt werden.

Ein weiterer Ansatz ist die Verbesserung der Tumorstadienbestimmung. Jeder Patient sollte unmittelbar nach Diagnose MRT- und CT-Untersuchungen erhalten. Zudem muss jeder Patient eine ordnungsgemäße Lymphknotenbeurteilung bekommen.

Leider ist es schwierig, Patienten zur Koloskopie zu motivieren. Hier bieten sich Alternativen wie die virtuelle Koloskopie (CT-Kolonographie) an. Weltweit treten jährlich etwa 1,5 Millionen Fälle von kolorektalem Karzinom auf – alle potenziell vermeidbar.

Prävention ist am besten, aber aus verschiedenen Gründen fällt es Patienten schwer, sich auch nur alle 10 Jahre einer Koloskopie zu unterziehen. Daher ist es wichtig, das Bewusstsein für Prävention zu schärfen und ein landesweites Programm aufzubauen, das Patienten zur Teilnahme am Screening ermutigt. Bewusstseinsbildung und Prävention sind die kosteneffektivste Methode, um die Belastung durch kolorektales Karzinom in vielen Ländern zu reduzieren.

Dr. Anton Titov, MD: Genau! Für Patienten, bei denen bereits ein Kolon- oder Rektumkarzinom diagnostiziert wurde: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen? Liegt es an der Ausbildung von Chirurgen und Onkologen? Ist es die Frage der Finanzierung von Krebsbehandlungen? Es gibt Situationen, in denen gut ausgebildete Ärzte und ein medizinisches System vorhanden sind, aber etwas in der Infrastruktur, Koordination oder Entscheidungsfindung nicht funktioniert. Wo sehen Sie die meisten Probleme?

Dr. Nelya Melnitchouk, MD: Ein Teil der Probleme sind sicherlich die Kosten. Das ukrainische Gesundheitssystem kämpft derzeit mit erheblichen Herausforderungen. Die Ausbildung ist gut, die Chirurgen sind gut ausgebildet, aber sie benötigen besseren Zugang zu internationalen Versorgungsstandards.

In den USA haben wir beispielsweise die NCCN-Leitlinien, an die wir uns halten. Andere Länder haben ihre eigenen Leitlinien. Wichtig ist, dass klinische Leitlinien vorhanden sind, an die sich Chirurgen und Onkologen halten können. Ebenso wichtig ist eine enge Zusammenarbeit mit Pathologen, die eine bessere Lymphknotenbeurteilung durchführen können, wie bereits erwähnt. Es geht also darum, die Infrastruktur rund um die klinische Versorgung von Patienten mit kolorektalem Karzinom zu verbessern.

Wir haben uns auch andere Länder angesehen, darunter Polen. Dort sind die Ergebnisse der Tumorstadienbestimmung viel besser – sie haben also etwas richtig gemacht. Die Ukraine sollte diesem Beispiel folgen.