Dr. Ehud Grossman, ein führender Experte für Hypertonie und kardiovaskuläres Risiko, erläutert, wie der Koronararterien-Kalzium-Score als aussagekräftiger Prädiktor für Herzerkrankungen dient. Er beschreibt eine einfache und schnelle CT-Untersuchung, die Kalziumablagerungen in den Koronararterien misst. Dieser Wert weist direkt auf das Vorliegen einer Atherosklerose hin. Patienten mit einem Kalzium-Score von null haben eine ausgezeichnete Langzeitprognose – selbst bei weiteren Risikofaktoren wie Diabetes. Dr. Grossman betont, dass dieses Instrument einen klaren, zusammengefassten Index zur Risikostratifizierung bei Herzerkrankungen liefert. Dadurch können aggressive Behandlungsentscheidungen für Hochrisikopatienten besser abgestimmt werden.
Koronarer Kalkscore: Der aussagekräftigste Test für das Herzrisiko
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- Kalkscore und Risiko für Herzerkrankungen
- Das CT-Untersuchungsverfahren
- Erkenntnisse zur Langzeitprognose
- Ein überlegenes Risikostratifizierungsinstrument
- Implikationen für Therapieentscheidungen
- Genetische und protektive Faktoren
- Vollständiges Transkript
Kalkscore und Risiko für Herzerkrankungen
Dr. Ehud Grossman, MD, erläutert den direkten Zusammenhang zwischen koronarer Verkalkung und kardiovaskulärem Risiko. Kalziumablagerungen in den Herzkranzgefäßen sind ein eindeutiges Zeichen für Atherosklerose – also eine Herzerkrankung. Dieser Befund wird mittlerweile in großen Behandlungsleitlinien anerkannt, unter anderem von der American Heart Association. Der koronare Kalkscore liefert ein konkretes Maß für das Ausmaß der Gefäßverkalkung eines Patienten.
Das CT-Untersuchungsverfahren
Die Untersuchung zur Bestimmung des Kalkscores ist eine nicht-invasive Computertomographie (CT). Wie Dr. Ehud Grossman, MD, betont, dauert sie nur etwa 16 Sekunden und geht mit einer vergleichsweise geringen Strahlenbelastung einher. Das Verfahren liefert einen spezifischen Zahlenwert – den Kalziumindex –, der die Menge an verkalkten Plaques quantifiziert.
Erkenntnisse zur Langzeitprognose
Studien mit Nachbeobachtungszeiträumen von 12 bis 15 Jahren zeigen deutliche prognostische Unterschiede. Dr. Grossmans Forschungsergebnisse belegen, dass Patienten ohne koronaren Kalkscore langfristig nur sehr selten kardiovaskuläre Ereignisse erleiden. Dieser Schutz gilt selbst bei Vorliegen anderer Risikofaktoren wie Diabetes. Umgekehrt steigert ein nachweisbarer Kalkscore das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erheblich.
Ein überlegenes Risikostratifizierungsinstrument
Dr. Ehud Grossman, MD, beschreibt den koronaren Kalkscore als zusammenfassenden Index der Atherosklerose. Während traditionelle Risikofaktoren wie Cholesterin, Blutzucker und Blutdruck nur indirekte Hinweise liefern, ermöglicht der Kalkscore einen direkten Blick auf die Gefäßwand. Ein hoher Wert stuft einen Patienten als Hochrisikopatient ein, ein Wert von null hingegen deutet auf ein geringes Risiko hin – was die Risikobewertung erheblich vereinfacht.
Implikationen für Therapieentscheidungen
Der koronare Kalkscore hat direkte Auswirkungen auf präventive Behandlungsstrategien. Bei einem hohen Score rät Dr. Grossman zu einer sehr aggressiven Therapie. Dazu gehören eine intensivierte Senkung von Blutdruck und Cholesterin sowie gegebenenfalls der Einsatz vorbeugender Medikamente wie Aspirin bei Hochrisikopatienten.
Genetische und protektive Faktoren
Langzeitstudien liefern faszinierende Einblicke in genetische Schutzmechanismen. Dr. Ehud Grossman, MD, erklärt, dass Patienten ohne Kalkscore im Alter von 55 Jahren meist auch Jahre später keine Verkalkungen entwickeln. Diese Stabilität deutet auf einen starken angeborenen, wahrscheinlich genetischen Schutzfaktor hin, der bestimmte Personen vor Atherosklerose bewahrt. So lassen sich Patienten identifizieren, die lebenslang ein wirklich niedriges Herzrisiko haben.
Vollständiges Transkript
Dr. Anton Titov, MD: Sie erforschen die Auswirkungen koronarer Verkalkungen auf das kardiovaskuläre Risiko, insbesondere im Zusammenhang mit Bluthochdruck. Könnten Sie erläutern, wie sich koronare Verkalkungen auf das Herzrisiko auswirken?
Dr. Ehud Grossman, MD: Seit 10 bis 15 Jahren untersuchen wir koronare Verkalkungen. Während unsere Ergebnisse international Anerkennung fanden, fehlten sie lange in den Leitlinien. Erst kürzlich hat die American Heart Association den Kalkscore erstmals als wichtiges Kriterium für die Entscheidung über eine Statintherapie aufgenommen.
Unsere zentrale Erkenntnis: Mit einer sehr schnellen CT-Untersuchung – sie dauert nur 16 Sekunden bei relativ geringer Strahlenexposition – lässt sich feststellen, ob ein Patient koronare Verkalkungen hat. Kalzium in den Herzkranzgefäßen bedeutet Atherosklerose – also liegt bereits eine Herzerkrankung vor.
Beim Vergleich der Langzeitergebnisse über 12 bis 15 Jahre zeigte sich: Menschen ohne Verkalkung erleiden sehr selten kardiovaskuläre Ereignisse. Im Gegensatz dazu haben those mit Verkalkung ein deutlich höheres Risiko für Herzinfarkte und andere Komplikationen.
Selbst Diabetiker ohne Kalkscore haben eine sehr gute Prognose in puncto Herzerkrankungen.
Wir betrachten den Kalkscore als zusammenfassenden Index der Atherosklerose. Statt Cholesterin, Glukose und Blutdruck indirekt zu messen, liefert er ein direktes Bild: Wer Verkalkung hat, ist Hochrisikopatient; wer keine hat, hat ein niedriges Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall.
Wiederholte CT-Untersuchungen bei mehreren hundert Patienten zeigten: Wer initially keine Verkalkung hatte, wies auch nach drei Jahren keine auf. Wer mit 55 keine Atherosklerose hat, entwickelt sie in der Regel auch mit 60 oder 65 nicht. Wer geschützt ist, bleibt es meist.
Dr. Anton Titov, MD: Das deutet also auf einen starken genetischen Faktor bei der Atherosklerose hin?
Dr. Ehud Grossman, MD: Es ist ein genetischer Faktor, aber er hilft auch, das Risiko einzuschätzen. Bei vorhandener Verkalkung muss man aggressiv vorgehen: Blutdruck und Cholesterin senken, eventuell Aspirin geben – denn das ist ein Hochrisikopatient.
Umgekehrt: Wer risikoreich erscheint, aber keine Verkalkung hat, ist oft gut dran.
Dr. Anton Titov, MD: Sehr interessant. Bedeutet erhöhtes, altersentsprechendes Kalzium in den Koronararterien ohne nachweisbare Plaques dennoch ein Risiko?
Dr. Ehud Grossman, MD: Absolut! Aber man braucht keine Katheteruntersuchung. Eine schnelle CT genügt – in Sekunden sieht man, wie viel Kalzium vorhanden ist. Man erhält einen Kalziumindex-Score und kann das Herzrisiko genau beziffern.