Wie wird der Hirntumortyp diagnostiziert? Ein Neuroonkologie-Experte erklärt. Teil 2.

Wie wird der Hirntumortyp diagnostiziert? Ein Neuroonkologie-Experte erklärt. Teil 2.

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Dr. Sebastian Brandner, MD, ein führender Experte für Neuropathologie, erläutert, wie multidisziplinäre Teams molekulare Diagnostik, Bildgebung und klinische Expertise kombinieren, um Hirntumoren präzise zu klassifizieren und personalisierte Behandlungspläne zu entwickeln. Das neuroonkologische Team trifft sich wöchentlich, um pathologische Befunde mit MRT-Ergebnissen abzugleichen, zielgerichtete Mutationen zu identifizieren und die Therapie bei Bedarf für optimale Behandlungsergebnisse anzupassen.

Fortschritte in der Hirntumordiagnostik: Wie multidisziplinäre Teams die Behandlung personalisieren

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Multidisziplinärer Teamansatz in der Hirntumordiagnostik

Dr. Sebastian Brandner, MD, betont, dass eine präzise Hirntumordiagnose die wöchentliche Zusammenarbeit von Fachärzten wie Radiologen, Onkologen, Neurologen und Pathologen erfordert. Das neuroonkologische Team prüft bei jedem neuen Patienten Bildgebung, Biopsieergebnisse und molekulare Tests, um die Diagnose zu sichern und Behandlungsoptionen zu ermitteln.

Dieser umfassende Ansatz stellt sicher, dass alle klinischen Daten vor der Therapieplanung berücksichtigt werden. Dr. Brandner weist darauf hin, dass das Team nicht nur Ärzte, sondern auch Physiotherapeuten, Psychologen und Pflegespezialisten umfasst, um die gesamte Patientenversorgung abzudecken.

Rolle der Molekulardiagnostik in der Hirntumorklassifikation

Laut Dr. Sebastian Brandner, MD, gehören molekulare Analysen von Tumorgewebe heute zur Routine. Gentests decken spezifische Mutationen auf, die Tumore präziser klassifizieren als die alleinige Mikroskopie.

Seit der WHO-Klassifikation von 2016 sind diese molekularen Marker für die Diagnose unverzichtbar. Das Neuropathologie-Team führt PCR (Polymerase-Kettenreaktion) und Sequenzierung durch, um Biomarker zu identifizieren, die das Tumorverhalten und Therapieansprechen vorhersagen.

Integration von MRT und pathologischen Befunden

Dr. Sebastian Brandner, MD, erläutert, wie das Team molekularpathologische Ergebnisse mit MRT-Aufnahmen abgleicht, um die Diagnose zu validieren. Abweichungen zwischen Bildgebung und Laborbefunden führen zu zusätzlichen Prüfungen, um Genauigkeit zu gewährleisten.

Diese Integration ist besonders bei Gliomen und anderen infiltrierenden Hirntumoren wichtig, da MRT-Merkmale mit genetischen Veränderungen korrelieren können. Die kombinierten Daten helfen, Tumore mit ähnlichem Erscheinungsbild, aber unterschiedlicher Prognose zu unterscheiden.

Wie molekulare Ergebnisse zielgerichtete Therapien steuern

Wenn molekulare Tests behandelbare Mutationen identifizieren, kann das Team zielgerichtete Therapien empfehlen. Dr. Sebastian Brandner, MD, merkt an, dass etwa 20–30 % der Hirntumore genetische Alterationen aufweisen, die für personalisierte Medizin infrage kommen.

Beispiele sind IDH-Inhibitoren für IDH-mutierte Gliome oder BRAF-Inhibitoren für bestimmte pädiatrische Hirntumore. Diese zielgerichteten Behandlungen haben bei passendem molekularem Profil oft weniger Nebenwirkungen als konventionelle Chemotherapie.

P4-Medizin in der Neuroonkologie

Dr. Brandner beschreibt den Teamansatz als P4-Medizin – prädiktiv, präventiv, personalisiert und partizipativ. Dieses Modell nutzt umfassende diagnostische Daten, um maßgeschneiderte Behandlungspläne basierend auf der Tumorbiologie jedes Patienten zu erstellen.

Der Neuropathologe spielt eine Schlüsselrolle, indem er die molekulare Charakterisierung für personalisierte Therapieentscheidungen liefert. Dies markiert den Wandel von der Einheitsbehandlung zur Präzisionsneuroonkologie.

Fortschritte in der neuropathologischen Diagnostik

Laut Dr. Sebastian Brandner, MD, hat die Neuropathologie in den letzten zehn Jahren revolutionäre Veränderungen durchlaufen, ähnlich wie Mammakarzinom- und Hämatopathologie. Neue molekulare Techniken ermöglichen es, Hunderte Biomarker aus kleinen Biopsieproben zu identifizieren.

Diese diagnostischen Werkzeuge schaffen eine direkte Brücke zwischen Laborwissenschaft und klinischer Versorgung. Dr. Brandner betont, dass moderne Neuropathologen aktiv an Behandlungsentscheidungen mitwirken, statt isoliert zu arbeiten.

Vollständiges Transkript

Dr. Sebastian Brandner, MD: Wir treffen uns wöchentlich mit unserem Onkologieteam, um die Hirntumordiagnostik zu besprechen. Wir erörtern die molekulare Klasse des Tumors und mögliche Differentialdiagnosen.

Das Team besteht aus Radiologen, Onkologen, Neurologen, Physiotherapeuten, Pflegespezialisten, Psychologen und Pathologen. Jede Woche besprechen wir neue Patienten mit Verdacht auf Hirntumor.

Das Team sichtet Bildgebung und Diagnose bei Patienten nach Biopsie oder Operation. Dann ergänzen wir die pathologische Diagnose um molekulare Informationen.

Dr. Anton Titov, MD: Wie passt sie zum MRT? Gibt es Diskrepanzen? Wie entsteht der Behandlungsplan?

Dr. Sebastian Brandner, MD: Meist ist der Behandlungsplan unkompliziert. Manchmal entdecken wir jedoch eine spezifische Mutation, dann kann die Therapie gezielter ausgerichtet werden.

Die Behandlung kann hochspezifisch auf eine Tumormutation zugeschnitten sein. Änderungen werden sofort in der Patientenversorgung umgesetzt.

Das ist Teil des Lebenszyklus einer Hirntumorprobe. Hier trägt die Pathologie bei und zeigt, dass wir Teil des Expertennetzwerks sind.

Wir verstecken uns nicht hinter Mikroskop oder PCR-Gerät. Wir sind integraler Bestandteil des multidisziplinären Teams für Diagnostik und Behandlung von Hirntumoren. Das ist sehr wichtig.

Dr. Anton Titov, MD: Sie haben die Bedeutung des multidisziplinären Teams hervorgehoben.

Dr. Sebastian Brandner, MD: Für optimale Behandlung heute muss man P4-Medizin anwenden, also personalisierte Medizin. Der Neuropathologe steht an vorderster Front dieses Teams. Gemeinsam bestimmen wir, was für den Patienten am besten ist.

Ich würde nicht sagen, dass der Neuropathologe allein im Vordergrund steht. Viele Krebsdisziplinen wie Weichteiltumore, Brustkrebs, Hämatologie und Neuropathologie haben in den letzten 5–10 Jahren ähnliche molekulare Fortschritte gemacht.

Alle diese Bereiche profitieren von den enormen Entwicklungen in der molekularen Diagnostik.

Dr. Anton Titov, MD: Die wurden auf die Diagnostik von Hirntumorproben angewendet.

Dr. Sebastian Brandner, MD: Das ist also eine Brücke zwischen Wissenschaft und Krankenbett.

Dr. Anton Titov, MD: Korrekt, ja!