Dr. Sanford Newmark, MD, ein führender Experte für ganzheitliche ADHS-Behandlung, erläutert, wie Umweltgifte und Lebensmittelzusatzstoffe das ADHS-Risiko und den Schweregrad der Erkrankung erhöhen können. Er stellt detailliert klinische Studien vor, die Pestizide und Industriechemikalien mit einer höheren Inzidenz von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) in Verbindung bringen. Zudem geht Dr. Newmark auf die nachgewiesenen negativen Effekte künstlicher Lebensmittelfarbstoffe auf die Aufmerksamkeit und Hyperaktivität von Kindern ein. Ebenso beleuchtet er, wie übermäßige Bildschirmzeit durch Fernsehen und elektronische Geräte die Symptome bei gefährdeten Kindern verstärken kann. Abschließend werden praktische Schritte für Eltern zur Risikominimierung aufgezeigt.
Umweltgifte, Lebensmittelzusatzstoffe und Bildschirmzeit bei der Entstehung und Behandlung von ADHS
Abschnitte
- Umweltgifte und ADHS-Risiko
- Pestizidexposition und ADHS
- Künstliche Lebensmittelfarben und ADHS
- Praktische Ernährungsanpassungen
- Bildschirmzeit und Elektronik bei ADHS
- Vollständiges Transkript
Umweltgifte und ADHS-Risiko
Die Belastung mit Umweltgiften erhöht das Risiko, an einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) zu erkranken, erheblich. Dr. Sanford Newmark verweist auf eine aussagekräftige Studie, die Nabelschnurblut von Neugeborenen analysierte. Dabei wurden im Schnitt über 200 Industriechemikalien nachgewiesen, denen die Säuglinge während der Schwangerschaft ausgesetzt waren. Mehr als 180 dieser Substanzen sind als krebserregend beim Menschen bekannt, 217 gelten als giftig für Gehirn und Nervensystem.
Die toxischen Wirkungen dieser Chemikalien addieren sich häufig und erzeugen ein schwer messbares Gesamtrisiko. Dr. Anton Titov weist auf die erheblichen Auswirkungen dieses Chemikaliencocktails auch über ADHS hinaus hin. Dr. Sanford Newmark erklärt, dass die Einzelkonzentrationen zwar niedrig sein mögen, deren kombinierte Wirkung jedoch eine erhebliche Gefahr für die Neuroentwicklung darstellt.
Pestizidexposition und ADHS
Pestizide auf konventionellem Obst und Gemüse sind eine Hauptquelle neurotoxischer Belastung, die mit ADHS in Verbindung gebracht wird. Dr. Sanford Newmark bezieht sich auf Studien, die Pestizidwerte bei Kindern gemessen haben. Dabei zeigte sich deutlich: Kinder mit höheren Pestizidmengen im Körper erhielten mehr als doppelt so häufig eine ADHS-Diagnose.
Auch andere Industrie-Schadstoffe wie Dioxine aus Schornsteinen zeigen eine starke Korrelation. Dr. Newmark verweist auf Daten, nach denen Personen mit den höchsten Blutwerten dieser Chemikalien ein dreifach erhöhtes ADHS-Risiko hatten. Die Evidenz belegt eindeutig, dass verbreitete Umweltgifte ein wichtiger modifizierbarer Risikofaktor für diese Störung sind.
Künstliche Lebensmittelfarben und ADHS
Künstliche Lebensmittelfarben und -aromen haben nachweislich negative Auswirkungen auf Aufmerksamkeit und Verhalten bei Kindern. Dr. Sanford Newmark stellt fest, dass mehrere Studien belegen, dass diese Zusatzstoffe Kinder hyperaktiver machen und ihre Konzentration verschlechtern. In Europa ist dieser Effekt so gut belegt, dass Produkte mit bestimmten künstlichen Farbstoffen einen Warnhinweis tragen müssen.
Dr. Anton Titov hebt den deutlichen Unterschied in der Produktzusammensetzung zwischen Regionen hervor und nennt als Beispiel Kraft Macaroni and Cheese: In den USA enthält es künstlichen gelben Farbstoff, in Europa dagegen einen natürlichen, um strengeren Vorschriften und Verbrauchererwartungen zu genügen. Dieser Doppelstandard unterstreicht, wie vermeidbare Belastungen weiterhin verbreitet sind.
Praktische Ernährungsanpassungen zur ADHS-Behandlung
Eltern können die Schadstoffbelastung ihrer Kinder durch einfache Ernährungsänderungen erheblich reduzieren. Dr. Sanford Newmark empfiehlt Bio-Lebensmittel als wirksame Lösung: Wenn Kinder pestizidfrei angebaute Produkte essen, sinkt deren Pestizidbelastung um bis zu 80 Prozent.
Das Weglassen von Lebensmitteln mit künstlichen Farbstoffen ist ein weiterer direkter Schritt. Dr. Newmark rät Eltern, Etiketten sorgfältig zu lesen und entsprechende Produkte zu meiden, da sie bei ADHS-gefährdeten Kindern Symptome auslösen oder verschlimmern können. Diese Ernährungsinterventionen zählen zu den am einfachsten kontrollierbaren Umweltfaktoren für Familien.
Bildschirmzeit und Elektronik bei ADHS
Übermäßige Bildschirmzeit durch Fernsehen, Videospiele und Elektronik korreliert mit verstärkten ADHS-Symptomen. Dr. Sanford Newmark bestätigt, dass Studien einen klaren Zusammenhang zwischen erhöhtem Fernsehkonsum und ADHS zeigen. Zwar war die Beziehung zunächst nur korrelativ, doch neuere Forschung deutet darauf hin, dass übermäßige Bildschirmnutzung ADHS tatsächlich verschlimmern kann – besonders bei gefährdeten oder bereits diagnostizierten Kindern.
Dr. Anton Titov verweist auf die heutige Realität, in der Bildschirmzeit durch elektronische Hausaufgaben noch zunimmt und zu vielen Stunden täglicher Exposition führt. Dr. Newmark schlussfolgert, dass diese ständige Überstimulation durch helle, schnelllebige Inhalte Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsprobleme bei anfälligen Kindern definitiv verschlimmern kann. Daher ist die Regulierung der Bildschirmzeit ein entscheidender Bestandteil der ganzheitlichen ADHS-Behandlung.
Vollständiges Transkript
Lebensmittelgifte, Zusatzstoffe und Farbstoffe beeinflussen die Wahrscheinlichkeit und Schwere einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Ständige Nutzung elektronischer Geräte, Computerspiele und Fernsehen betrifft Kinder mit ADHS und ADHS-gefährdete Kinder.
Dr. Anton Titov: Umweltgifte durchdringen fast alle Aspekte des modernen Lebens. Sie finden sich in der Luft, in Lebensmitteln und in Getränken. Welche Auswirkungen hat die Belastung mit Giftstoffen auf die Entwicklung von ADHS und anderen neurologischen Störungen?
Dr. Sanford Newmark: Wir haben gute Belege dafür, dass diese Giftstoffe ADHS beeinflussen. In einer kleinen Studie analysierten wir Nabelschnurblut von Säuglingen – also jene Flüssigkeit, in der sie neun Monate lang schwammen. Im Schnitt enthielt es über 200 Industriechemikalien.
Andere Studien haben Pestizidwerte bei vielen Kindern gemessen. Jene mit höheren Werten litten mehr als doppelt so häufig an ADHS. Dabei handelt es sich um Pestizide, wie sie auf Obst und Gemüse gesprüht werden.
Eine weitere Studie untersuchte Dioxine und Dibenzofurane – Chemikalien, die aus Schornsteinen austreten. Menschen mit den höchsten Blutwerten hatten ein dreifach erhöhtes ADHS-Risiko. Wir wissen also, dass Pestizide und andere Umweltgifte das ADHS-Risiko steigern.
Dr. Anton Titov: Das ist eine erstaunliche Menge an Chemikalien. In der von Ihnen zitierten Studie fanden sich über 200 Chemikalien im Nabelschnurblut. Mehr als 180 davon sind beim Menschen krebserregend, 217 giftig für Gehirn und Nervensystem, über 200 verursachen bei Tieren Geburtsfehler.
Das betrifft nicht nur ADHS, sondern eine Vielzahl weiterer Erkrankungen.
Dr. Sanford Newmark: Genau. Wir wissen zwar nicht, ab welcher Konzentration diese Chemikalien problematisch werden. Doch ihre Toxizität addiert sich. Manchmal ist eine Chemikalie in einer bestimmten Menge gefährlich, eine andere in einer anderen. Bringt man beide zusammen, können sie bereits in geringerer Dosis schädlich wirken.
Was passiert erst bei 200 Chemikalien?
Dr. Anton Titov: Das könnte ein erstaunlicher Kombinationseffekt sein?
Dr. Sanford Newmark: Wir wissen es einfach nicht. Vielleicht ist niemand an hochwertigen Studien interessiert, weil die Erforschung chemischer Auswirkungen auf ADHS sehr teuer wäre. Man bräuchte sehr viele Probanden.
Solche Studien sind sehr aufwändig. Hinzu kommt die Frage: "Wie halten wir diese Stoffe aus der Umwelt fern?" Die meisten waren legal, bevor es überhaupt Testverfahren gab.
Dr. Anton Titov: Wie wird man sie jetzt los?
Dr. Sanford Newmark: Bei Pestiziden ist es einfach: Wenn Kinder Bio-Lebensmittel essen, die ohne Pestizide angebaut werden, sinkt deren Belastung um 80 Prozent.
Dr. Anton Titov: Bio-Lebensmittel helfen also bei ADHS. Ernährung ist etwas, das Eltern in der Umwelt ihrer Kinder kontrollieren können – und vielleicht am einfachsten.
Dr. Sanford Newmark: Ja.
Dr. Anton Titov: Viele Kinderlebensmittel haben unnatürliche Farben, meist künstlich. Haben Lebensmittelzusatzstoffe und künstliche Farbstoffe Auswirkungen auf ADHS?
Dr. Sanford Newmark: Ja. Wir wissen, dass künstliche Farben und Aromen alle Kinder hyperaktiver machen und ihre Aufmerksamkeit verschlechtern. Mehrere Studien belegen das.
In Europa müssen Produkte mit bestimmten künstlichen Farben einen Warnhinweis tragen: "Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen."
Dr. Anton Titov: Wer kauft so etwas noch?
Dr. Sanford Newmark: Genau! Die Hersteller hören auf, sie zu verwenden. Ein bekanntes Beispiel in den USA ist Kraft Macaroni and Cheese.
Dr. Anton Titov: Das ultimative Kinderessen?
Dr. Sanford Newmark: Ja. In den USA enthält es künstliches Gelb – warum, ist mir unklar. In Europa wird natürliche Farbe verwendet.
Dr. Anton Titov: Vom gleichen Hersteller?
Dr. Sanford Newmark: Ja. Erstaunlich, nicht wahr?
In Europa würde es niemand kaufen, wenn künstliche Farbe drin wäre. Warum nicht auch in den USA? Vermutlich ist es teurer.
Dr. Anton Titov: Eltern sollten also Lebensmittel auf künstliche Farbstoffe prüfen. Diese können gefährdeten Kindern schaden oder bei bereits Betroffenen die Symptome verschlimmern.
Dr. Sanford Newmark: Genau! Das ist eine relativ einfache Maßnahme für Eltern. Sehr hilfreich und praktisch.
Dr. Anton Titov: Kinder verbringen heute viel Zeit mit Fernsehen, das oft emotional aufgeladene Inhalte, helle Blitze und Überstimulation bietet. Dazu kommen Computerspiele und elektronische Hausaufgaben.
Wie wirkt sich das auf ADHS-gefährdete oder bereits diagnostizierte Kinder aus?
Dr. Sanford Newmark: Wir wissen, dass erhöhter Fernsehkonsum mit ADHS korreliert. Mehrere Studien zeigen das. Zunächst war unklar, ob Fernsehen ADHS verursacht oder ADHS-Kinder einfach mehr fernsehen.
Doch eine aktuelle gute Studie deutet darauf hin, dass mehr Fernsehen und Videospiele ADHS verschlimmern. Manche Kinder sind weniger anfällig; bei ihnen löst es wohl kein ADHS aus.
Doch für gefährdete oder bereits betroffene Kinder können Fernsehen und Computerspiele die Symptome definitiv verschlimmern. Rechnet man die Nutzung elektronischer Geräte für Hausaufgaben hinzu, verbringen Kinder viele Stunden täglich mit Elektronik – oft mehr als mit anderen Aktivitäten.