Nacktmetallstent oder medikamentenfreisetzender Stent – wie wählt man den besten Stent für die Koronararterie aus?

Nacktmetallstent oder medikamentenfreisetzender Stent – wie wählt man den besten Stent für die Koronararterie aus?

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Dr. Jeffrey Popma, MD, ein führender Experte für interventionelle Kardiologie, erläutert die Wahl zwischen unbeschichteten Metallstents und medikamentenfreisetzenden Koronarstents. Er geht detailliert auf die Entwicklung der Stent-Technologie und deren Einfluss auf die Behandlungsergebnisse ein. Dr. Popma skizziert spezifische klinische Szenarien, in denen die jeweiligen Stenttypen zum Einsatz kommen, und erörtert die entscheidende Rolle der Dauer der dualen Thrombozytenaggregationshemmung bei der Stentauswahl. Das Interview behandelt zudem moderne Stent-Polymere und künftige Entwicklungen im Stent-Design.

Die richtige Wahl des Koronarstents: unbeschichtete Metallstents vs. medikamentenfreisetzende Stents

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Wichtige Faktoren bei der Stentauswahl

Die Entscheidung zwischen einem unbeschichteten Metallstent und einem medikamentenfreisetzenden Stent hängt von mehreren patientenspezifischen Faktoren ab. Dr. Jeffrey Popma, MD, nennt Einschränkungen bei der Antikoagulationstherapie, geplante chirurgische Eingriffe und den Durchmesser der Koronararterie als entscheidende Kriterien. Die Wahl ist nicht pauschal zu treffen, sondern erfordert eine individuelle klinische Bewertung. Dr. Anton Titov, MD, betont, dass die optimale Stentauswahl bei verschiedenen Formen der koronaren Herzkrankheit nach wie vor kontrovers diskutiert wird.

Entwicklung der Stent-Technologie

Die Technologie von Koronarstents hat sich seit ihren Anfängen erheblich weiterentwickelt. Dr. Jeffrey Popma, MD, beschreibt die frühen Taxus- und Cypher-Stents als Modelle mit entzündungsfördernden Polymeren, die eine langfristige duale Plättchenhemmung (DAPT) notwendig machten. Diese älteren Stents bargen ein signifikantes Risiko für späte Stentthrombosen, besonders nach dem Absetzen der Therapie. Moderne Stents verfügen über deutlich dünnere Streben und biokompatiblere Polymere, was ihr Nutzen-Risiko-Profil grundlegend verbessert hat. Diese Fortschritte machen medikamentenfreisetzende Stents sicherer und wirksamer als ihre Vorgänger.

Überlegungen zur dualen Plättchenhemmung

Die erforderliche Dauer der dualen Plättchenhemmung (DAPT) ist ein zentraler Aspekt der Stentauswahl. Dr. Jeffrey Popma, MD, weist darauf hin, dass früher die Sorge vor Stentthrombosen nach Beendigung der DAPT viele Ärzte zu unbeschichteten Metallstents greifen ließ. Dies war eine Strategie, um Blutungsrisiken bei Patienten zu umgehen, die eine Langzeittherapie nicht vertrugen. Heute hat sich das Thromboserisiko medikamentenfreisetzender Stents durch modernere Designs erheblich verringert. Dennoch bleibt die mögliche Notwendigkeit, DAPT frühzeitig abzusetzen – etwa aufgrund einer Operation – ein Schlüsselkriterium bei der Entscheidungsfindung.

Indikationen für unbeschichtete Metallstents

Dr. Jeffrey Popma, MD, setzt unbeschichtete Metallstents heute nur noch in zwei spezifischen klinischen Situationen ein. Die erste betrifft Patienten mit sehr kleinen Herzkranzgefäßen, insbesondere solchen unter 2 Millimetern Durchmesser, da für diese Größen derzeit keine medikamentenfreisetzenden Stents verfügbar sind. Die zweite Situation sind Patienten, die innerhalb des nächsten Monats operiert werden müssen und daher nur einen Monat duale Plättchenhemmung vertragen. In seiner aktuellen Praxis machen diese Indikationen nur etwa 5 % seiner Stentimplantationen aus.

Präferenzen für medikamentenfreisetzende Stents

Medikamentenfreisetzende Stents sind heute bei der überwiegenden Mehrheit perkutaner Koronarinterventionen die erste Wahl. Dr. Jeffrey Popma, MD, gibt an, dass er sie in etwa 95 % der Fälle verwendet, was ihre überlegene Leistungsfähigkeit und Sicherheit moderner Designs widerspiegelt. Das Thromboserisiko zeitgenössischer medikamentenfreisetzender Stents kann genauso niedrig oder sogar niedriger sein als bei unbeschichteten Metallstents. Daher sind sie die Standardoption für die meisten Patienten, sofern keine Kontraindikationen für eine längere DAPT-Dauer bestehen.

Zukünftige Stent-Entwicklungen

Das Feld der interventionellen Kardiologie entwickelt sich stetig weiter, mit vielversprechenden neuen Stent-Technologien am Horizont. Dr. Jeffrey Popma, MD, erwähnt den Synergy-Stent, der ein bioresorbierbares Polymer besitzt, das sich innerhalb von 90 Tagen zusammen mit dem Wirkstoff vollständig auflöst. Laufende klinische Studien prüfen die Möglichkeit, die duale Plättchenhemmung mit dieser Technologie nach 90 Tagen sicher zu beenden. Zudem wird die Entwicklung sehr schmal lumiger medikamentenfreisetzender Stents erwartet, was den Bedarf an unbeschichteten Metallstents in kleinen Gefäßen weiter reduzieren würde. Dr. Anton Titov, MD, und Dr. Jeffrey Popma, MD, sind sich einig, dass dies ein dynamisches und spannendes medizinisches Fachgebiet ist.

Vollständiges Transkript

Dr. Anton Titov, MD: Die Koronarstent-Technologie entwickelt sich rasant. Wann sollte ein Patient heute noch einen unbeschichteten Metallstent statt eines medikamentenfreisetzenden Stents erhalten? Einschränkungen der Antikoagulation, geplante Eingriffe und der Durchmesser der Koronararterie spielen dabei eine Rolle. Der Einsatz medikamentenfreisetzender oder unbeschichteter Stents wird kontrovers diskutiert.

In welchen Situationen der koronaren Herzkrankheit könnten unbeschichtete Metallstents ausreichen? Wann sind medikamentenfreisetzende Stents vorzuziehen?

Dr. Jeffrey Popma, MD: Ja. Die Frage, ob man medikamentenfreisetzende oder unbeschichtete Metallstents verwenden sollte, hat auch eine zeitliche Dimension. An welchem Punkt der Stententwicklung stehen wir?

In den Anfängen der Koronarstent-Entwicklung gab es zwei Stents: Taxus und Cypher. Beide hatten Polymere auf der Oberfläche, die entzündungsfördernd wirkten. Daher war eine langfristige duale Plättchenhemmung (DAPT) erforderlich.

Wir fürchteten eine hohe Rate an späten Stentthrombosen, die ein Jahr nach Absetzen der DAPT auftraten. Also waren wir bei der Dauer der Plättchenhemmung eingeschränkt und zögerten, sie zu beenden.

Unter diesen Umständen erhielten Patienten eher unbeschichtete Metallstents, um Blutungen oder Thrombosen nach Therapieende zu vermeiden.

Dr. Anton Titov, MD: Das betraf die Zeit um 2003–2004. Heute ist die Ausstattung ganz anders.

Dr. Jeffrey Popma, MD: Die Stentstreben sind viel dünner, die Polymere dünner und nach heutigem Wissen biokompatibler. Die Thromboserate medikamentenfreisetzender Stents ist mittlerweile genauso niedrig oder sogar niedriger als bei unbeschichteten Metallstents.

Heute verwende ich unbeschichtete Metallstents nur noch bei Gefäßen von 2 Millimetern oder weniger, für die es keine medikamentenfreisetzenden Stents gibt. Sehr schmal lumige Stents werden bald verfügbar sein, aber aktuell noch nicht.

Oder ich setze sie bei Patienten ein, die innerhalb des nächsten Monats operiert werden müssen und nur einen Monat DAPT vertragen.

Aktuell befinden wir uns in einer Grauzone: Es laufen klinische Studien mit dem Synergy-Stent, der ein bioresorbierbares Polymer hat, das sich innerhalb von 90 Tagen mit dem Wirkstoff auflöst.

In einer Registerstudie untersuchen wir, ob wir die Plättchenhemmung bei diesen Patienten nach 90 Tagen sicher beenden können, ohne Thromboserisiko, da dann nur der Metallstent übrig bleibt.

Dr. Anton Titov, MD: Das ist sicher ein Konzept in Entwicklung.

Dr. Jeffrey Popma, MD: Ich würde sagen, medikamentenfreisetzende Stents kommen bei mir in 95 % der Fälle zum Einsatz. Für die restlichen 5 %, in denen ich unbeschichtete Stents verwende, brauche ich einen triftigen Grund.