Dr. Francesca Cordeiro, MD, eine führende Expertin für neurodegenerative und Augenerkrankungen, erklärt, wie der DARC-Augentropfen-Test durch die Erkennung absterbender Netzhautzellen Alzheimer frühzeitig diagnostizieren kann. Dies bietet eine potenziell nicht-invasive und kostengünstige Diagnosemöglichkeit – bis zu zwei Jahrzehnte vor dem Auftreten klinischer Demenzsymptome. Derzeit läuft eine Phase-2-Studie.
Frühe Alzheimer-Diagnose per einfachem Augentest
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- DARC-Technologie erklärt
- Zusammenhang zwischen Netzhaut und Gehirn
- Klinische Studie und Down-Syndrom
- Funktionsweise des Augentests
- Apoptose als früher Biomarker
- Zukunft der Alzheimer-Diagnostik
DARC-Technologie erklärt
Die DARC-Technologie (Detektion apoptotischer retinaler Zellen, Detection of Apoptosing Retinal Cells) ist ein neuartiges Diagnoseverfahren zur Früherkennung von Alzheimer. Entwickelt von Dr. med. Francesca Cordeiro, identifiziert diese Methode das Absterben von Nervenzellen in der Netzhaut. Grundlage ist die Annahme, dass dieser Zellverlust in der Netzhaut den neuronalen Abbau im Gehirn bei neurodegenerativen Erkrankungen widerspiegelt.
Im Vergleich zu herkömmlichen, teureren Diagnoseverfahren wie MRT oder PET-CT markiert diese Technologie einen bedeutenden Fortschritt.
Zusammenhang zwischen Netzhaut und Gehirn
Die Augen gewähren einen nicht-invasiven Einblick in die Gesundheit des Zentralnervensystems und fungieren gewissermaßen als Fenster zum Gehirn. Dr. med. Francesca Cordeiro betont, dass eine frühzeitige Alzheimer-Diagnose die Prognose der Patienten erheblich verbessern kann. Die Nervenzellen der Netzhaut sind eine direkte Verlängerung des Gehirns und weisen ähnliche Strukturen und Anfälligkeiten auf.
Veränderungen an den Synapsen der Netzhaut treten parallel zu denen im Gehirn auf, was sie zu einem verlässlichen Indikator für die neurologische Gesundheit macht.
Klinische Studie und Down-Syndrom
Eine Phase-2-Studie zur Validierung der DARC-Technologie für die Alzheimer-Diagnostik steht bevor. Dr. med. Francesca Cordeiro erläutert, dass die Studie eine Hochrisikogruppe für Alzheimer einbeziehen wird: Menschen mit Down-Syndrom. Diese Patienten verfügen über ein zusätzliches Chromosom, das zur Überproduktion von Beta-Amyloid-Protein führt.
Beta-Amyloid ist dasselbe Protein, das an der Bildung von Gehirnplaques bei Alzheimer beteiligt ist. Infolgedessen weisen Menschen mit Down-Syndrom eine sehr hohe Demenzrate auf, was sie zu einer idealen Gruppe für die Erforschung von Früherkennungsmethoden macht.
Funktionsweise des Augentests
Der DARC-Test ist für Patienten einfach und minimalinvasiv. Ein spezieller Fluoreszenzfarbstoff wird in den Arm injiziert und zirkuliert im Blutkreislauf. Anschließend werden Aufnahmen des Augenhintergrunds mit Geräten gemacht, die denen bei Routineuntersuchungen beim Optiker ähneln.
Dr. med. Anton Titov hebt die Bedeutung der vergleichsweise kostengünstigen Geräte im Gegensatz zu aufwändiger neurologischer Bildgebung hervor. Der Farbstoff bindet gezielt an retinale Nervenzellen, die sich im Prozess der Apoptose – des programmierten Zelltods – befinden, und macht diese sichtbar.
Apoptose als früher Biomarker
Apoptose dient als entscheidender Frühindikator für Alzheimer und Parkinson. Laut Dr. med. Francesca Cordeiro zeigen experimentelle Daten, dass das Absterben von Netzhautzellen sehr früh im Krankheitsverlauf einsetzt, lange bevor sich Symptome manifestieren. Bei Glaukom etwa setzt die Apoptose retinaler Zellen ein, bevor die Erkrankung klinisch erkennbar wird.
Transgene Mausmodelle liefern starke Hinweise darauf, dass die Apoptose in der Netzhaut ein frühes Ereignis ist, das den Hirnveränderungen bei neurodegenerativen Erkrankungen zeitlich parallel verläuft.
Zukunft der Alzheimer-Diagnostik
Das Potenzial der DARC-Technologie könnte die Alzheimer-Diagnostik und -Überwachung revolutionieren. Dr. med. Anton Titov erörtert, wie diese Methode einen subklinischen Alzheimer-Zustand bis zu 20 Jahre vor dem Auftreten klinischer Demenzsymptome erkennen könnte. Dieses frühe Diagnosefenster könnte Interventionen in einem Stadium ermöglichen, in dem sie am wirksamsten sind.
Dr. med. Francesca Cordeiro und ihr Team arbeiten daran, dieses Konzept durch laufende klinische Studien zu untermauern, die den Zusammenhang zwischen retinaler Apoptose und cerebraler Neurodegeneration weiter validieren sollen.
Vollständiges Transkript
Die DARC-Technologie (Detektion apoptotischer retinaler Zellen, Detection of Apoptosing Retinal Cells) basiert auf dem Nachweis von absterbenden Nervenzellen in der Netzhaut. Das deutet darauf hin, dass parallel auch Nervenzellen im Gehirn betroffen sind. Personen mit hohem Alzheimer-Risiko könnten davon profitieren.
Die Augen sind das Fenster zum Gehirn. Es steht außer Frage, dass eine rechtzeitige Alzheimer-Diagnose einen erheblichen Unterschied machen würde.
Dr. med. Anton Titov: Sie haben einen speziellen augendiagnostischen Test entwickelt. Er könnte potenziell Patienten mit erhöhtem Alzheimer-Risiko identifizieren. Sie können einen subklinischen Zustand der Alzheimer-Krankheit diagnostizieren, und das bis zu 20 Jahre vor dem Auftreten klinischer Demenzsymptome.
Dr. med. Anton Titov: Könnten Sie bitte den von Ihnen entwickelten Augentest für Alzheimer erläutern?
Dr. med. Francesca Cordeiro: Sicher! Es handelt sich um die DARC-Technologie (Detektion apoptotischer retinaler Zellen, Detection of Apoptosing Retinal Cells). Sie nutzt die Tatsache, dass der Zelluntergang in der Netzhaut dem neuronalen Abbau im Gehirn entspricht.
Dr. med. Francesca Cordeiro: Bisher haben wir noch keine Alzheimer-Patienten untersucht. Unsere Phase-2-Studie beginnt hier nächsten Monat. Sie schließt eine Gruppe von Patienten mit hohem Alzheimer-Risiko ein.
Dr. med. Francesca Cordeiro: Diese Patienten werden den diagnostischen Test für Glaukom und Alzheimer erhalten. Es handelt sich um Menschen mit Down-Syndrom. Beim Down-Syndrom liegt ein zusätzliches Chromosom vor.
Dr. med. Francesca Cordeiro: Man geht davon aus, dass Folgendes passiert: Da Menschen mit Down-Syndrom heute länger leben, ist bekannt, dass sie viel Beta-Amyloid-Protein produzieren. Beta-Amyloid ist dasselbe Protein, das an der Plaquebildung im Gehirn bei Alzheimer beteiligt ist.
Dr. med. Francesca Cordeiro: Sie bilden dieses Beta-Amyloid übermäßig. Daher ist die Demenzrate bei Menschen mit Down-Syndrom sehr hoch. Wir werden diese Patientengruppe untersuchen.
Dr. med. Francesca Cordeiro: Wir werden DARC anwenden. DARC umfasst im Wesentlichen die Injektion eines speziellen Farbstoffs in den Arm. Anschließend machen wir Aufnahmen des Augenhintergrunds des Patienten.
Dr. med. Francesca Cordeiro: Das ist sehr ähnlich zu Geräten, die für Augenuntersuchungen verwendet werden, wie man sie bei Optometristen und Optikern findet. Der Vorteil liegt darin, dass es sich um vergleichsweise kostengünstige Untersuchungsgeräte handelt.
Dr. med. Francesca Cordeiro: Im Gegensatz zu MRT oder PET-CT. Aber sie ermöglichen die Diagnose von Abnormalitäten. Denn der in den Arm injizierte Farbstoff ist ein Fluoreszenzfarbstoff.
Dr. med. Francesca Cordeiro: Er markiert jene retinalen Nervenzellen, die durch Apoptose absterben. Das wissen wir aus all unseren experimentellen Daten und der medizinischen Literatur.
Dr. med. Anton Titov: Apoptose selbst spielt bei Alzheimer und Parkinson eine sehr wichtige Rolle. Man beobachtet Apoptose als frühes Anzeichen von Alzheimer und Glaukom.
Dr. med. Anton Titov: Retinale Zellen zeigen Apoptose, bevor sich ein voll ausgeprägtes Glaukom entwickelt. Das muss natürlich noch bewiesen werden.
Dr. med. Francesca Cordeiro: Das werden wir in den kommenden klinischen Studien tun. Aber sehen Sie sich unsere transgenen Mausmodelle an – es gibt sehr gute Hinweise darauf, dass die Apoptose retinaler Zellen
Dr. med. Francesca Cordeiro: ein sehr frühes Ereignis ist. Der Nervenzellverlust in der Netzhaut spiegelt fast alle Veränderungen wider, die man an den Synapsen des Gehirns beobachtet.
Dr. med. Francesca Cordeiro: Gleichzeitig mit synaptischen Veränderungen im Gehirn sieht man auch Apoptose in der Netzhaut.