Neuroprotektive Glaukomtherapie. Der Apoptose-Test hilft bei der Auswahl geeigneter Patienten für die Behandlung.

Neuroprotektive Glaukomtherapie. Der Apoptose-Test hilft bei der Auswahl geeigneter Patienten für die Behandlung.

Can we help?

Dr. Francesca Cordeiro, MD, eine führende Expertin für Glaukom und Neurodegeneration, erklärt, wie ein neuer diagnostischer Test – der Nachweis apoptotischer retinaler Zellen (DARC) – die optische Kohärenztomographie (OCT) nutzt, um absterbende Nervenzellen in der Netzhaut zu identifizieren. Dies ermöglicht eine schnellere Bewertung neuroprotektiver Medikamentenkandidaten und könnte potenziell dabei helfen, Glaukompatienten zu identifizieren, die am meisten von neuartigen Therapien profitieren würden, die auf die zugrundeliegende Neurodegeneration abzielen.

Neuroprotektion bei Glaukom: Neuer Diagnosetest für apoptotische Netzhautzellen

Abschnitte

Neuroprotektion in der Glaukomtherapie

Neue Glaukomtherapien konzentrieren sich auf die Neurodegeneration der retinalen Nervenzellen, einen zentralen Krankheitsmechanismus. Dieser Ansatz zielt darauf ab, die Zellen vor dem Absterben zu bewahren – der Hauptursache für Sehverlust bei Patienten. Dr. Francesca Cordeiro, MD, betont, dass dies eine bedeutende Wende darstellt: weg von der reinen Senkung des Augeninnendrucks hin zur direkten Behandlung der zellulären Schädigungsprozesse.

Erkenntnisse aus der Brimonidin-Studie

Eine große randomisierte klinische Studie untersuchte das neuroprotektive Potenzial von Brimonidin (Alphagan). Die von Klinikern in Chicago geleitete Studie verglich den Alpha-Agonisten Brimonidin mit dem Beta-Blocker Timolol. Die Ergebnisse zeigten unter Brimonidin eine signifikant geringere Gesichtsfeldprogression, also eine langsamere Einengung des Sichtfelds. Allerdings weist Dr. Cordeiro auf eine Kontroverse hin: Aufgrund des Studiendesigns und einer hohen Abbruchrate bleibt unklar, ob die neuroprotektive Wirksamkeit zweifelsfrei belegt wurde.

Zulassungsstatus neuroprotektiver Medikamente

Trotz vielversprechender Forschung ist derzeit kein Medikament spezifisch als Neuroprotektivum bei Glaukom zugelassen. Dr. Cordeiro weist darauf hin, dass vor allem Patienten profitieren würden, die trotz Standardtherapien weiterhin Sehkraft verlieren. Viele von ihnen erhalten bereits Brimonidin zur Druckkontrolle, was die klinische Bewertung erschwert. Dies unterstreicht einen dringenden ungedeckten Bedarf in der Glaukomversorgung.

Verbesserung von Glaukomstudien

Die Planung und Durchführung klinischer Studien zur Glaukom-Neuroprotektion hat sich erheblich verbessert. Dr. Cordeiro erläutert, dass fortschrittliche Werkzeuge wie die optische Kohärenztomographie (OCT) und präzise Gesichtsfelduntersuchungen heute eine genauere Messung des Sehverlusts ermöglichen. Diese Methoden liefern objektive Daten zum Krankheitsverlauf und helfen zu beurteilen, ob ein Patient auf eine Behandlung anspricht – essenziell für den Wirksamkeitsnachweis.

DARC-Diagnosemarker für Glaukom

Ein bahnbrechender neuer Diagnosemarker ist die Detection of Apoptosing Retinal Cells (DARC)-Technologie. Dr. Cordeiro beschreibt DARC als eine Methode, die OCT nutzt, um Apoptose – den programmierten Zelltod – in retinalen Ganglienzellen sichtbar zu machen. Eine klinische Studie in ihrer Abteilung hat die erste Phase abgeschlossen, in der Sicherheit und Verträglichkeit geprüft wurden. Nun soll geklärt werden, ob DARC zwischen aktivem und stabilem Glaukom unterscheiden sowie Patienten von Gesunden abgrenzen kann.

Die Zukunft der Glaukombehandlung

Die Integration neuartiger Biomarker wie DARC wird die Glaukombehandlung revolutionieren. Wie Dr. Cordeiro ausführt, könnte diese Technologie Klinikern helfen, Patienten mit aktiv fortschreitender Erkrankung zu identifizieren – ideale Kandidaten für neuroprotektive Therapien. So ließe sich eine personalisierte Behandlung realisieren, die zum richtigen Zeitpunkt die passende Therapie bereitstellt und damit das Sehvermögen wirksamer erhält als je zuvor.

Vollständiges Transkript

Neue Glaukomtherapien zielen auf die Neurodegeneration retinaler Nervenzellen ab. Ein innovativer Diagnosetest ist die Detection of Apoptosing Retinal Cells (DARC). Er nutzt optische Kohärenztomographie (OCT), um absterbende Nervenzellen im Auge nachzuweisen. DARC ermöglicht eine schnellere Bewertung neuroprotektiver Medikamentenkandidaten.

Dr. Francesca Cordeiro, MD: Eine klinische Studie zu Brimonidin (Alphagan) zur Neuroprotektion bei Glaukom war besser konzipiert: randomisiert und groß angelegt. Das Studienzentrum befand sich in den USA; Kliniker in Chicago leiteten die Untersuchung. Brimonidin wirkt als Alpha-Agonist und wird seit Jahren zur Senkung des Augeninnendrucks eingesetzt. Doch zeigte sich, dass es auch neuroprotektive Effekte bei Glaukom haben könnte.

Die Studie verglich Brimonidin mit dem Beta-Blocker Timolol. Dabei zeigte sich unter Brimonidin eine deutlich geringere Gesichtsfeldprogression. Allerdings war das Studiendesign problematisch, und einige Patienten brachen ab. Daher ist umstritten, ob die Ergebnisse als Wirksamkeitsnachweis gelten können. Wir wissen noch nicht, ob wir die Therapie bei Glaukompatienten ändern sollten.

Ehrlich gesagt: Die Patienten, die am meisten von Neuroprotektion profitieren würden, sind jene, die trotz Behandlung weiterhin Sehkraft verlieren. Höchstwahrscheinlich erhalten viele von ihnen bereits Brimonidin. Aber es gibt bislang kein als Neuroprotektivum zugelassenes Medikament. Hoffentlich ändert sich das bald.

Ich habe betont, dass wir heute besser verstehen, wie man klinische Studien bei Glaukom durchführt. Unsere Möglichkeiten haben sich verbessert – etwa durch OCT und Gesichtsfelduntersuchungen. Diese Werkzeuge helfen, den Sehverlust genauer zu messen und das Ansprechen auf Therapien zu bewerten. Das ist sehr vielversprechend. Hinzu kommen neu entwickelte Biomarker.

Ein Thema, das wir intensiv vorantreiben, ist ein neuer Marker für Glaukom, der die Apoptose retinaler Ganglienzellen erfasst. Wir prüfen, ob er sich als Maß für die Krankheitsaktivität eignet. Es handelt sich um die DARC-Technologie. Die klinische Studie dazu wurde Ende letzten Jahres in unserer Abteilung durchgeführt. Phase eins ist abgeschlossen, Phase zwei beginnt bald. Diese Studie soll klären, ob der neue Marker sicher und verträglich ist.

Dr. Anton Titov, MD: Können wir damit aktives von stabilem Glaukom unterscheiden? Oder Patienten von Gesunden?

Dr. Francesca Cordeiro, MD: Ich kann die Ergebnisse noch nicht preisgeben, da die wissenschaftliche Publikation aussteht.

Sie sprachen die Neurodegeneration an – ein zentraler pathologischer Prozess beim Glaukom.