Zukunft der pädiatrischen Rheumatologie: Früher Einsatz von Biologika statt "Treat-to-Target". 13

Zukunft der pädiatrischen Rheumatologie: Früher Einsatz von Biologika statt "Treat-to-Target". 13

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Dr. Randy Cron, MD, ein führender Experte für pädiatrische Rheumatologie, erläutert die Zukunft der Behandlung von Kindern mit rheumatischen Erkrankungen. Er beschreibt den Wandel vom traditionellen Pyramidenansatz hin zu einer frühzeitigen, aggressiven Strategie. Diese neue Methode setzt bereits bei Diagnosestellung moderne biologische Medikamente ein, um eine rasche Remission zu erreichen. Dr. Cron betont, dass eine schnelle Kontrolle chronischer Entzündungen langfristige Gelenkschäden und Wachstumsstörungen verhindern kann. Zudem unterstreicht er die Bedeutung der Präzisionsmedizin, um für jeden Patienten die passende Therapie zu finden.

Frühzeitige aggressive Biologika-Therapie in der pädiatrischen Rheumatologie

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Zukunft der Präzisionsmedizin

Dr. Randy Cron, MD, sieht in der Präzisionsmedizin die Zukunft der pädiatrischen Rheumatologie. Dieser Ansatz umfasst das Wissen, welche Patienten von welchen spezifischen Medikamenten profitieren. Dr. Cron betont, dass diese Strategie nicht nur für die Kinderheilkunde, sondern für die gesamte Medizin entscheidend ist.

Die Präzisionsmedizin zielt darauf ab, Behandlungspläne individuell auf die Patienten abzustimmen. Diese personalisierte Versorgung verbessert die Behandlungsergebnisse und reduziert unnötige Nebenwirkungen.

Treat-to-Target-Konzept

Ein zentrales Konzept der modernen Rheumatologie ist "Treat-to-Target". Dr. Randy Cron, MD, erläutert diesen Prozess: Nach der Diagnosestellung legen Arzt, Patient und Familie gemeinsam ein Therapieziel fest.

Oberstes Ziel ist häufig die inaktive Erkrankung oder klinische Remission. Dr. Cron weist darauf hin, dass zwar viele rheumatische Erkrankungen noch nicht heilbar sind, eine lang anhaltende Remission jedoch ein realistisches Ziel darstellt. Die Strategie sieht eine aggressive Therapieeskalation vor, wenn die Erstbehandlung das Ziel nicht erreicht.

Risiken chronischer Entzündungen

Dr. Randy Cron, MD, unterstreicht die schwerwiegenden Folgen unbehandelter chronischer Entzündungen bei Kindern. Die potenziellen Nebenwirkungen von Biologika werden bei Weitem von den Schäden anhaltender Entzündungsprozesse übertroffen.

Chronische Entzündungen können das Wachstum beeinträchtigen und zu erheblichen Problemen führen – darunter Gelenkzerstörungen, Beinlängendifferenzen und Mikrognathie (ein zu kleiner Unterkiefer). Dr. Cron weist zudem darauf hin, dass Entzündungen generell gesundheitsschädlich sind und unter anderem Herz und Gehirn betreffen können.

Ziel der Kortikosteroid-Einsparung

Ein Hauptziel der pädiatrischen Rheumatologie ist es, Patienten vor langfristiger Kortikosteroid-Therapie zu bewahren. Dr. Randy Cron, MD, erklärt, dass Steroide zwar lebensrettend sein können, aber mit einer langen Liste von Nebenwirkungen einhergehen.

Der Einsatz wirksamer Biologika ermöglicht es, Entzündungen zu kontrollieren, ohne auf chronische Steroide angewiesen zu sein. Diese Strategie verringert das Risiko steroidbedingter Komplikationen wie Osteoporose und Gewichtszunahme. Dr. Anton Titov, MD, erörtert diese Therapieabwägungen mit Experten wie Dr. Cron.

Umkehrung der Behandlungspyramide

Dr. Randy Cron, MD, beschreibt einen Paradigmenwechsel in der Behandlungsphilosophie. Der traditionelle Pyramidenansatz begann mit milden Medikamenten wie nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR, z.B. Ibuprofen) und eskalierte nur langsam.

Diese Vorgehensweise ließ oft über ein bis zwei Jahre hinweg bleibende Schäden entstehen. Das neue Paradigma kehrt die Pyramide um: Bei schwer erkrankten Patienten kann die Behandlung sofort mit einem potenten TNF-Hemmer beginnen, gegebenenfalls kombiniert mit Methotrexat.

Diese aggressive Frühintervention zielt auf eine rasche Remission ab. Das Ziel ist, die wirksamsten Medikamente mit dem besten Nutzen-Risiko-Profil frühzeitig einzusetzen.

Langfristige gesellschaftliche Vorteile

Dr. Randy Cron, MD, thematisiert auch die wirtschaftlichen Aspekte moderner Biologika-Therapien. Zwar sind diese Medikamente im Vergleich zu traditionellen Arzneimitteln teurer, was Versicherungshürden mit sich bringen kann.

Doch Dr. Cron argumentiert, dass diese Behandlungen erhebliche langfristige Vorteile für die Gesellschaft bieten. Durch die Verhinderung chronischer Schäden und Behinderungen sparen sie letztlich Kosten. Diese Kosten-Nutzen-Analyse ist ein zentraler Bestandteil der Diskussion über moderne rheumatologische Versorgung.

Vollständiges Transkript

Dr. Anton Titov, MD: Professor Cron, wie sieht die Zukunft der pädiatrischen Rheumatologie im Allgemeinen und der Behandlung von Zytokin-Syndromen im Besonderen aus?

Dr. Randy Cron, MD: Sie haben die Präzisionsmedizin angesprochen. Zu wissen, welcher Patient welches Medikament braucht, ist die Zukunft – nicht nur in der pädiatrischen Rheumatologie, sondern in der gesamten Medizin, bei Erwachsenen wie bei Kindern. Das gilt aber besonders für unser Fach.

In der Rheumatologie gibt es das Konzept "Treat-to-Target". Man diagnostiziert einen Patienten, bespricht mit ihm und seiner Familie – bei Kindern – das Therapieziel. Oft lautet dieses Ziel: inaktive Erkrankung oder Remission.

Viele unserer Erkrankungen sind derzeit nicht heilbar, auch wenn das unser langfristiges Ziel bleibt. Ich weiß nicht, wann das für einige Krankheitsbilder der Fall sein wird.

Bei einigen aggressiveren Lupus-Therapieansätzen deuten sich Fortschritte an, die ich so noch nicht gesehen habe – das könnte am Horizont liegen.

Bei Arthritis können wir Kinder zwar nicht heilen, aber wir können sie in eine lang anhaltende Remission bringen, manchmal sogar ohne Medikamente. Das ist das ultimative Ziel.

Beim "Treat-to-Target"-Konzept geht es darum: Man probiert eine Therapie aus, und wenn das Ziel nicht erreicht wird, wird die Behandlung zunehmend aggressiver. Denn die potenziellen Nebenwirkungen der Medikamente wiegen weit weniger schwer als die Schäden durch chronische Entzündungen.

Kinder befinden sich im Wachstum. Entzündungen können dieses Wachstum auf vielfältige Weise negativ beeinflussen – besonders durch zerstörerische Prozesse in den Gelenken, Beinlängendifferenzen oder Kieferprobleme. Ein häufig betroffenes Gelenk ist der Kiefer; es kann zu Mikrognathie kommen, was langfristige Folgen hat.

Bei Erwachsenen ist das besser erforscht als bei Kindern. Doch chronisch unterbehandelte Entzündungen sind generell schädlich für den Körper, ob sie nun Herz oder Gehirn betreffen. Entzündung ist nie gut.

Wenn wir sie in den Griff bekommen, ohne viele Nebenwirkungen der Medikamente in Kauf nehmen zu müssen, können wir Kortikosteroide einsparen – Medikamente mit einer langen Liste von Nebenwirkungen.

Das ist immer ein Ziel, besonders in der Rheumatologie, bei Kindern und Erwachsenen. Steroide haben so viele Nebenwirkungen. Zwar sind sie lebensrettend, und wir sind oft auf sie angewiesen.

Für den chronischen Gebrauch sind sie jedoch, besonders in höheren Dosen, nicht ideal.

Die Zukunft sieht für uns also immer besser aus. Wir müssen nur klüger werden darin, welcher Patient welches Medikament bekommt, wann und wie aggressiv wir vorgehen.

Früher verfolgte man bei chronisch rheumatischen Erkrankungen, bei Erwachsenen wie Kindern, einen Pyramidenansatz. Man begann mit etwas wie Motrin, also Ibuprofen, einem nichtsteroidalen Antirheumatikum (NSAR).

NSAR haben zwar Nebenwirkungen – chronisch können sie Nieren, Leber und Darm belasten –, aber man startete damit. Wenn es dem Kind nach drei Monaten nicht besser ging,

fügte man ein krankheitsmodifizierendes Antirheumatikum hinzu – denn NSAR modifizieren die Krankheit nicht –, zum Beispiel niedrig dosiertes Methotrexat.

Man probierte das eine Weile, vielleicht besserte sich der Zustand etwas, aber nicht ausreichend. Also erhöhte man die Dosis, beobachtete den Verlauf – ein, zwei Jahre nach Erkrankungsbeginn. Wenn der Patient immer noch nicht gut dastand, hatten sich unterwegs bereits viele Schäden angesammelt.

Heute versuchen wir, diese Pyramide umzudrehen. Bei schwer erkrankten Patienten beginnen wir vielleicht schon bei der Diagnose mit einem TNF-Hemmer, eventuell kombiniert mit Methotrexat.

Vielleicht können wir das Methotrexat nach ein, zwei Jahren absetzen, wenn der Patient in Remission ist. Es geht darum, das wirksamste Medikament mit den geringsten Nebenheiten einzusetzen.

Das ist nicht immer populär bei Krankenkassen, denn diese Medikamente sind teurer als andere. Langfristig gesehen spart diese Strategie der Gesellschaft aber Geld.

Damit kämpfen wir noch. Aber die Pyramide umzudrehen – also die Medikamente mit dem besten Nutzen-Risiko-Profil früh einzusetzen –, ist absolut sinnvoll.