Dr. Nikhil Munshi, MD, ein führender Experte für multiples Myelom, erläutert die entscheidende Rolle der Knochenmark-Mikroumgebung im Krankheitsverlauf. Er beschreibt detailliert das "Samen-und-Boden"-Konzept, bei dem die Myelomzellen den Samen und das Knochenmark den Boden darstellen. Die Mikroumgebung bietet wesentliche Unterstützung für das Überleben und Wachstum der Krebszellen. Moderne Therapien zielen daher nicht nur auf die Tumorzellen selbst, sondern auch auf ihre Umgebung ab. Indem der Boden „vergiftet“ wird, entzieht man dem Krebs die Lebensgrundlage. Dieser duale Ansatz steigert die Wirksamkeit der Behandlung erheblich.
Zielgerichtete Therapie des Knochenmark-Mikromilieus bei der Behandlung des multiplen Myeloms
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- Saatgut-und-Boden-Konzept in der Krebsentstehung
- Unterstützung des Myeloms durch das Mikromilieu
- Therapeutische Strategien: Vergiftung des Bodens
- Wirkmechanismen von Myelom-Medikamenten auf das Mikromilieu
- Rolle des Immun-Mikromilieus
- Zukunft der mikromilieuzielgerichteten Therapien
- Vollständiges Transkript
Saatgut-und-Boden-Konzept in der Krebsentstehung
Dr. Nikhil Munshi, MD, erläutert ein grundlegendes Prinzip der Krebsbiologie, das als „Saatgut-und-Boden-Konzept“ bekannt ist. Die Krebszelle selbst ist das Saatgut, benötigt jedoch den richtigen Boden – das Mikromilieu –, um zu wachsen und fortzuschreiten. Dieses Konzept ist beim multiplen Myelom besonders ausgeprägt. Die Wechselwirkung zwischen der Tumorzelle und dem umgebenden Knochenmarkstroma ist entscheidend für die Krankheitsentwicklung.
Unterstützung des Myeloms durch das Mikromilieu
Das Knochenmark-Mikromilieu bietet die essentielle Umgebung für das Gedeihen von Myelomzellen. Dr. Nikhil Munshi, MD, erklärt, dass der Boden die notwendige Nahrung und Signale für das Krebswachstum liefert. Laborexperimente bestätigen, dass Myelomzellen in Gegenwart von Knochenmark-Mikromilieuzellen besser überleben und schneller wachsen. Diese schützende Nische ist ein Hauptgrund für Therapieresistenz und Krankheitsfortschritt.
Therapeutische Strategien: Vergiftung des Bodens
Ein zentrales Therapieziel ist es, die unterstützende Beziehung zwischen der Myelomzelle und ihrer Umgebung zu unterbrechen. Dr. Nikhil Munshi, MD, betont die Strategie der „Vergiftung des Bodens“. Dabei wird das Knochenmark-Mikromilieu so verändert, dass es das Überleben und Wachstum von Myelomzellen nicht mehr fördert. Indem der Boden unwirtlich gemacht wird, kann das Krebs-Saatgut nicht gedeihen – selbst wenn andere Behandlungen direkt auf die Tumorzellen abzielen.
Wirkmechanismen von Myelom-Medikamenten auf das Mikromilieu
Moderne Multiple-Myelom-Medikamente haben einen doppelten Effekt: Sie greifen die Krebszellen an und verändern zugleich das Mikromilieu. Dr. Nikhil Munshi, MD, weist darauf hin, dass Proteasominhibitoren Mikromilieu-Interaktionen und Zytokinsignalwege stören. Auch immunmodulatorische Medikamente wirken sich tiefgreifend auf die Knochenmarknische aus. Diese Behandlungen beseitigen die Schutzfunktion des Mikromilieus und ermöglichen so eine effektivere Abtötung der Tumorzellen.
Rolle des Immun-Mikromilieus
Die Immunzellen im Knochenmark sind eine kritische Komponente des Mikromilieus. Dr. Nikhil Munshi, MD, hebt das Immun-Mikromilieu als wirksames therapeutisches Werkzeug hervor. Die Nutzung dieser Immunfaktoren kann zu einer überlegenen therapeutischen Wirksamkeit führen. Dies bildet die Grundlage für viele neuere Behandlungen, einschließlich monoklonaler Antikörper und Immuntherapien, die darauf abzielen, das körpereigene Immunsystem zur Krebsbekämpfung zu aktivieren.
Zukunft der mikromilieuzielgerichteten Therapien
Das Verständnis des Knochenmark-Mikromilieus prägt die Zukunft der Multiples-Myelom-Behandlung. Dr. Nikhil Munshi, MD, verweist auf ein wachsendes Arsenal an Medikamenten, die diese Wechselwirkungen gezielt angreifen. Die kontinuierliche Entwicklung von Antikörpern und neuen Wirkstoffen konzentriert sich darauf, den Schutzschild um Krebszellen zu durchbrechen. Dieser Ansatz verspricht verbesserte Behandlungsergebnisse und könnte möglicherweise den Krankheitsfortschritt verhindern, indem die Krebsheimat grundlegend verändert wird.
Vollständiges Transkript
Dr. Anton Titov, MD: Die Krebsprogression beinhaltet eine Wechselwirkung zwischen den Tumorzellen und ihrem umgebenden Mikromilieu. Das multiple Myelom ist ein Paradebeispiel für den Einfluss des Krebs-Mikromilieus auf Tumorzellen. Welche Rolle spielt das Knochenmark-Mikromilieu bei der Entstehung des multiplen Myeloms, und wie kann es beeinflusst werden, um die Myelomentwicklung zu verhindern? Ist es folglich möglich, das Mikromilieu um die Krebszellen herum therapeutisch zu manipulieren?
Dr. Nikhil Munshi, MD: Sie haben eine der wichtigsten Fragen zum Verständnis der Biologie und Therapie des Myeloms aufgeworfen. Dies ist kein neues Konzept. Es gibt das Konzept von „Saatgut im Boden“. Vereinfacht gesagt: Der Krebs ist das Saatgut, aber er braucht den richtigen Boden, um zu wachsen und fortzuschreiten.
Analog dazu ist die Myelomzelle das Saatgut und das Knochenmark-Mikromilieu der Boden. Der Boden bietet die richtige Umgebung, die richtige Nahrung für das Myelomwachstum. Genau das passiert im Labor. Wir haben gezeigt, dass Myelomzellen deutlich besser überleben und schneller wachsen, wenn Mikromilieuzellen anwesend sind.
Andererseits müssen wir zu Therapiezwecken versuchen, Myelomzellen abzutöten. Das tun wir alle. Ebenso wichtig könnte es sein, den Boden zu vergiften, damit das Saatgut nicht wächst.
Wir verfügen zunehmend über Medikamente, die beides bewirken: Sie wirken auf die Myelomzellen ein und verändern gleichzeitig das Mikromilieu so, dass es das Myelomwachstum oder -überleben selbst bei anderen Behandlungen nicht mehr unterstützt. Wir wissen, dass das Knochenmark-Mikromilieu Myelomzellen vor unseren Medikamenten schützt.
Jetzt nehmen unsere Medikamente dem Mikromilieu diese Schutzfähigkeit und können die Tumorzellen deutlich besser abtöten. Dies wurde beim Proteasominhibitor beobachtet, der Mikromilieu-Interaktionen und Zytokine im Mikromilieu beeinflusst.
Es geschieht auch bei immunmodulatorischen Medikamenten. Wir beobachten es bei vielen neueren Medikamenten, Antikörpern und anderen Behandlungen, die wir zunehmend einsetzen.
Schließlich ist eine Komponente des Knochenmark-Mikromilieus das Immun-Mikromilieu. Wie wir gleich noch besprechen werden, sind diese Faktoren, diese Immunzellen, tatsächlich die kritischste Komponente, die wir für eine bessere therapeutische Wirksamkeit nutzen können.